Jahreskreis, Ritual & Brauchtum

Entscheiden und Ernten

Wir sind in der zweiten Augusthälfte, vor ein paar Tagen war Maria Himmelfahrt, das Fest der Kräuterweihe. Vielerorts wird dieses Fest neu entdeckt und gefeiert. Meist aus folkloristischen Gründen, vor allem im eher öffentlichen Raum. Gefühlt erobert sich dieses Jahreskreisfest zunehmend seinen Raum zurück, auch im privaten. Und das ist eigentlich schon so etwas wie ein Wunder, denn es ist eine Fest, das die Zeit der Entscheidungen einläutet, die getroffen werden müssen. Entscheidungen sind wiederum etwas, was eine gewisse (nicht nur innere) Reife verlangt, ein Zeichen von Erwachsensein und Verantwortung übernehmen und ehrlich gesagt ist das etwas, vor dem man sich gerne drückt.

Ernteschnitt, wird diese Fest auch genannt, oder Schnitterinnenfest, in Erinnerung an die Zeiten und Regionen, wo solche Entscheidungen matriarchal von einem weiblichen Kollektiv gefällt wurden. Denn die Ernte ist nicht nur im grammatikalischen Sinn weiblich. Schließlich geht es um das Bevorraten, das Sammeln der Früchte, die man seit Ende des Winters gezogen, gehegt, geschützt und behütet hat. Man muss zurück schauen, was war, nach Innen hören, was nun ist und voraus denken, was sein könnte. Die Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, sind entscheidend für die kommende Zeit und das Dasein, wenn das Jahresrad sich ganz in die dunkle Zeit gedreht hat.

Bei uns sind die Kornfelder und sogar schon ein paar Sonnenblumenfelder abgeerntet und manche sogar schon wieder umgeackert. Der August kleidet sich heuer in sehr schwüle Luft, dafür ist die Hitze gerade erträglicher. Nachts kann man bei angenehmen Temperaturen schlafen, denn die Tropennächte machen Pause. Vor ein paar Tagen habe ich noch dankbar die Blumen und Beete in meinen Garten bewundert und überlegt, ob ich die restlichen Räucherkräuter schon ernten soll oder lieber noch ein bisschen zuwarte, sie die Sonne genießen und noch ein kleines bisschen wachsen lassen soll. Ich konnte mich nicht entscheiden sie zu ernten. Bis dahin waren wir von schweren Unwettern verschont geblieben. Eine halbe Stunde nach meinem Soll-ich-soll-ich-nicht-Sinnieren hatten wir „Weltuntergang“, in Form von Hagel und Starkregen. Der einjährige Beifuß, Artemisia Annua, liebevoll von Hand aufgezogen und heuer richtig prachtvoll, sah danach wie ein zerrupftes Huhn aus. Die Pracht war hinüber, aber ich konnte immerhin noch etwas davon ernten. In diesem Fall habe ich mir zu lange Zeit gelassen haben mit meiner Entscheidung. Immerhin habe ich noch das meiste noch ernten können und weiß nun, dass ich Zukunft lieber früher, als später schneide. Wie sagt man so schön: Nichts und niemand ist so schlimm, als das es oder man nicht noch ein warnendes Beispiel dienen kann ;)

Mitte August also und ein kleines, entspanntes Aufatmen ist auch schon spürbar, im Sinne einer sanften Entspannung in der Hochzeit des Jahres. Der erste und größte Ernteschwung ist gesichert. Der Mais braucht noch einige Zeit und die Obsternte kann man zumindest bei uns großteils vergessen. Was im Frühling nicht vertrocknet oder erfroren ist, wurde im Juni vom Baum gespült. Dafür wächst das Gemüse gut und sorgt auf seine Weise für Vitamine bei Tisch.

Wir sind vollends in der Zeitqualität des Ernteschnittes angelangt. Es geht um Ja oder Nein. „Vielleicht“, „möglicherweise“ und „unter Umständen“ hat genauso Pause, wie das Zuwarten und Hoffen, dass jemand anderes die Entscheidung trifft, für die man sich selbst noch nicht reif genug fühlt. Im Fall meiner Kräuter hat das Wetter die Entscheidung für mich getroffen und mich daran erinnert: Für starke Entscheidungen braucht es Klarheit, Konsequenz, Entschlossenheit, Mut und innere Ruhe, gepaart mit Weitsicht und Geduld.

Und mitunter eine gute Fee, die einem zumindest ein paar der obigen Eigenschaften liebevoll in ein kleines Füllhorn packt, damit man sich innerlich gut gerüstet fühlt für all das, was entschieden oder geerntet werden muss. „Erntehelfer“ würde man das im landwirtschaftlichen Bereich nennen.

Ich kenne so gut wie niemanden, der all das, was an innerlichen Entscheidungshilfen gefragt ist, zu jeder Zeit üppig in sich vereint und sich immer allen anstehenden Entscheidungen ausreichend gewachsen fühlt. Zu sehen, dass es anderen ähnlich geht, macht mir in diesem Fall Mut. Denn speziell mein Weitblick hat sich schon länger nicht mehr blicken lassen und die Geduld hat sich offenbar gemeinsam mit der Klarheit ein unbefristetes Sabbatical genommen. Je emotionaler behaftet das zu entscheidenen Thema dann ist, desto leerer wird es im inneren Beratungssaal und alle Blicke bleiben an mir, der Vorsitzenden meines inneren Teams, hängen.

Was mir dann hilft, ist ein interner Kassasturz, eine Inventur aller Fakten und Infos, ein Sammeln aller potentiell möglichen Ideen, auch der abwegigsten. Die Kreativität bekommt einen großen Raum zur Verfügung gestellt, alles darf angedacht werden. Jeder Zweifel wird gehört, jede Emotion darf sein. Fluchen, weinen, Blödsinn reden, grübeln und recherchieren, andere um deren Meinung fragen und externe BeraterInnen hinzuziehen, entweder aus dem Freundes/Verwandtenkreis oder von ganz außerhalb – das Arsenal der Werkzeuge ist groß.
Wichtig ist, dass man dabei dennoch den Überblick bewahrt und sich auf einen objektiven Beobachterposten zurück zieht. Das verhindert, dass man nicht total und ohne Halt in einer der vielen Ideen oder Emotionen versinkt. Sonst ist man zu weit weg von dem Ort, wo man noch Boden unter den Füßen hat.

Gut ist auch, wenn man die Zeit im Auge behält. Denn es gibt Entscheidungen, die eine Frist haben und generell tut es nicht gut, das Ganze zu lange hinaus zu ziehen. Wenn man sich mit dem Finden der Antwort, dem Entscheiden an sich, zu lange Zeit lässt, liegt das Korn am Boden, die Äpfel faulen im Gras, der Heuschober ist leer und die Kräuter … nun ja, siehe oben ;)
Somit ist der Raum, in dem man alle Ideen sammelt, von den nicht zu verändernden Fakten und einer bestimmten Zeitspanne begrenzt. Das mag einschränkend klingen und kann für Stress sorgen. Aber wäre dieser innere Sitzungssaal endlos, würden wir uns für jede Entscheidung buchstäblich im Raum verlieren und nie zu Potte kommen.

Dennoch gibt es Themen, die ich auch so nicht bewältige. Sie sind zu groß, zu weitreichend, zu emotional behaftet. Mit jeder Überlegung, mit jedem Blick auf das Problem, wird es größer, bekommt Auswüchse und führt mein vorsichtiges Tasten nach dem Weg in die Irre, bis ich kaum noch Luft bekomme. Bevor es mir dann über den Kopf wächst und zu einem Alptraum wird, verpacke ich es in eine geistige Kiste, schnür sie gut zu und schick sie zu meinen Spirits, meinen AhnInnen, meinen geistig-spirituellen HelferInnen und LehrerInnen … kurz gesagt: Ich schieße sie ins Universum, versehen mit einer Grußkarte und der Bitte, dass was oder wer auch immer sich dazu berufen fühlt, mir eine klare und hilfreiche Unterstützung zukommen lassen soll, damit ich eine Entscheidung treffen kann, die gut für mich und das größere Ganze ist.

Das klingt schräg und esoterisch, hat aber bisher immer geholfen. Denn mit einmal ist der Problemberg vor mir verschwunden, der Nebel hat Pause und ich wieder Boden unter den Füßen. Das alleine kann schon dafür sorgen, dass ich Klarheit bekomme und weiß was zu tun ist. Auf jedenfall aber schwindet die emotionale Belastung deutlich.

Wichtig dabei ist, dass man es auch wirklich ernst meint und die geistige Bitte und Adresse klar formuliert. „Kümmert sich bitte irgendwer darum, dass mein zukünftiges Leben leicht und beschwerdefrei abläuft?!“ ist zu allgemein, zu unspezifisch und ehrlich gesagt willst du das auch nicht ;). Formuliere was das Thema ist, wo du Hilfe brauchst, ev. auch bis wann diese eintreffen soll und wer von den oben angesprochenen energetischen UnterstützerInnen sich BITTE speziell darum kümmern soll. Das Bitte ist hier absichtlich groß geschrieben. Du gibst keine Befehl, sondern äußerst eine respektvoll Bitte.

Mag sein, dass es hilft, weil du dich einfach auf diese Weise mit deinem Problem beschäftigst. Es auszuformulieren und zu überlegen wer „auf der anderen Seite“ dir dabei am kompetentesten erscheint, wen du für „zuständig“ hältst, bereinigt den Fokus auch ganz gut. Dir selbst klar zu werden, was du an Fakten und Infos hast, damit du sie gut „verpacken“ kannst, ist gleichfalls hilfreich. Bei mir stellt sich spätestens beim Bewussten „auf die Reise“-Schicken, also dem Aufgeben meines Problem-Päckchens, spürbare Erleichterung ein.

Dieses Gedankenritual öffnet den Raum der Möglichkeiten. Wenn man aus der Anspannung herauskommt, kann auch die Kreativität wieder ins Fließen kommen. Das ist das die nüchterne Kopferklärung für diesen Prozess, den man bewusst und unterbewusst spirituell, gedanklich und vor allem 100% aufrichtig vollzogen hat. Auch bei einem Gedankenritual geht es darum, dass du dich voll und ganz darauf einlässt. Es nur der Form halber durchzuspielen bringt nichts.

Wenn du dein Gedankenritual dann noch mit einem physischen Ritual verbindest, an deinem Ritualplatz, vielleicht mit Räuchern, Musik, Trommeln, Mediation, Kerzen … was auch immer du dazu nimmst … dann bekommt diese „Übung“ eine besondere Tiefe. Dann kann Magie fließen und das kommt dann schon sehr nah an die oben erwähnte gute Fee heran. Mit dem Unterschied, dass du dir selbst zur guten Fee wirst.

Schlussendlich noch der Hinweis, dass man solcherart aufgegeben Gedankenpost auch wirklich voll und ganz loslässt. Wie bei einem Pfeil, den du abschießt und der sich nun frei auf der von dir vorgegebenen Richtung auf sein Ziel hinbewegt. Ständig nachfragen oder  korrigieren ist nicht hilfreich. Der Pfeil (=dein Paket) ist am Weg, lass es auch in Gedanken los und vertraue. Die Sendungsverfolgung gibt es nur bei physischen Versanddienstleistern ;)

Wenn du mal wieder vor einer Entscheidung stehst, die dir zu groß erscheint, dann probier dieses Ritual einfach aus. Du hast nichts zu verlieren und das Schlimmste, was passieren kann, ist das nichts passiert :) Und wenn du magst, dann lass mich wissen, ob es dir geholfen hat!

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