Jahreskreis, Ritual & Brauchtum

Die Geschichte unserer Zeit – Teil 4: Zeit-Philosophie, Metaphern & Quellen

Im letzten Teil der Serie rund um die Geschichte der Zeit lade ich dich ein dir deine eigenen Gedanken rund um die Zeit zu machen und erkläre, warum man in diesem Zuge auch gleich manch überlieferte Metapher überdenken soll.

Meine Zeit, deine Zeit und die Zeit der anderen

Pippi Langstrumpf predigt in ihrem Lied, dass sie sich die Welt macht, wie sie ihr gefällt und eine bekannte Uhrenmarke wirbt mit dem Slogan: „Zeit ist, was du daraus machst“ (Time is what you make of it, Swatch).

Ich empfehle dir, einen Schritt weiter zu gehen: Mach dir deine Zeit und die Welt so, dass sie dir gut tun und gefallen. Das ist vermutlich nicht ganz so einfach wie es klingt, aber in jeder Hinsicht ein lohnendes Unterfangen. Wenn du dazu im Jahreskreisrhythmus lebst, begibst du dich parallel dazu auf eine Reise in deine persönliche Naturzeit.

Übrigens, auch wenn es Jahreskreis heißt: Entwicklung verläuft in Spiralform, jeder Umlauf ist anders, immer wieder neu und zugleich altbekannt. Das macht die Reise durch die Zeit, durch den Jahreslauf und das Leben an sich spannend, herausfordernd und erlaubt dir die älteste und wichtigste menschliche Eigenschaft stetig zu trainieren: Kreativität – unsere göttliche Gabe.

Sie hat dafür gesorgt, dass die Menschheit mehrere gefährliche Evolutionsstufen und Katastrophen bewältigen konnte. Ohne Kreativität hätten wir uns nie in die Position erheben können, die wir auf diesem Planeten einnehmen. Das ist nicht immer eine gute Entwicklung gewesen und gerade in den letzten 2-300 Jahren waren wir in dieser Beziehung extrem destruktiv, speziell unseren Mitlebewesen gegenüber.

Das Problem mit solchen Gaben, wie der Kreativität: Sie sind wertneutral und es bleibt uns selbst überlassen, wofür wir sie nutzen – im Guten, wie im Schlechten. Ohne moralische Grundwerte, die dafür sorgen, dass wir eine Orientierung im Dasein haben, ist es schwierig einen lebensbejahenden, rücksichtsvollen Weg zu gehen, der sowohl die eigenen Grenzen als auch die der anderen rundum respektiert.

Das Problem mit menschlich-moralischen Grundwerten: Sie sind nicht konstant. Verfolgt man die Entwicklung der Menschen durch die sozialen Gefüge und Gesellschaftsstrukturen hinweg, dann merkt man sehr schnell, dass Regeln der Gemeinschaft niemals ultimativ in Stein gemeißelt waren und sich im Lauf der Jahrhunderte auch mal um 180° gedreht haben. Welcher moralische Kodex ist nun der richtige? Unser heutiger, der aus der „guten alten Zeit“ von anno-keine-Ahnung-wann oder ein zukünftiger, der erst noch gefunden werden muss?
Eine meiner weisen LehrerInnen hat mir einmal den Spruch „Schadet es keinem, dann tu was du willst!“ mitgegeben. Es ist der Weisspruch der sog. „weißen“ Hexen und wenn man ihn im Detail, in seiner ganzen Komplexität betrachtet, dann birgt er alles, was in den 10 christlichen Geboten und dem allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch gleichermaßen beinhaltet ist: Nicht zu töten, nicht zu stehlen, nicht zu lügen … etc.

Niemandem zu schaden bedeutet zudem auch, dass man auch sich selbst und seiner Umgebung, den „nicht-menschlichen“ Wesenheiten, den Tieren und Pflanzen, nicht schaden soll. Womit aus dem „tu, was du willst“ ein deutlich reduzierter Raum wird, der immer wieder sorgsam geprüft werden muss. Ein spannender Prozess und einmal mehr wird die Natur rund um uns zu einem Lehrmeister, diesmal in Sachen Moral.  Es gibt keine Tiere, die jemals aus Gier und Besitzanspruch, aus religiösen oder wirtschaftlichen Gründen einen Krieg begonnen haben. Klar, es gibt Verdrängungs- und Revierkämpfe und das Überleben in freier Wildbahn ist wild, mitunter grausam und nicht einfach. Aber es geht ja auch nicht darum, dass wir unsere gesellschaftliche Entwicklung entsorgen und wieder dahin zurück gehen, von wo wir vor Jahrmillionen aufgebrochen sind. Sondern ob wir den Schritt heraus der Pubertät unserer Spezies, hin zu einem erwachsenen und rücksichtvollen Dasein schaffen, wo auch alle anderen MitbewohnerInnen dieses wunderbaren Planeten eine respektvolle Existenz an unserer Seite haben. Der Schritt zurück in die Natur kann damit zu einem Schritt nach vorne werden, für dich als Mensch und für uns als Spezies.

Ein Herzenstipp

Nimm dir Zeit und überlege, wie du deine Zeit in Zukunft gestalten willst. Hast du die Möglichkeit, dich abseits deiner Arbeitszeit von der Natur begleiten und führen zu lassen? Kannst du deine freie Zeit frei gestalten und nach deinem Takt einteilen?

Es ist einen Versuch wert und egal wie du beginnst: Es ist ein lebendiges, lustvolles Abenteuer, das dich in kreisenden Schritten immer wieder zum Zentrum und an den Rand bringt. Mit jeder Umdrehung lernst du dazu, mit jedem Jahr wird deine Sicherheit größer und dein Vertrauen, dass alles in einen natürlichen, komplexen und zugleich sehr logischen Ablauf eingebettet ist, wächst mit dir.

Die Jahreskreisfeste sind unsere uralten Anker, mit denen wir uns wieder an den Takt unserer Mutter Erde erinnern und uns an ihre ureigene Zeit anbinden.

Wenn du dich entschließt den Lebenslauf mitzufeiern und den Kontakt zum ältesten Kalender wieder aufnimmst, begibst du dich auf eine Reise in deine eigene, persönliche Zeitwahrnehmung. Auch wenn es 8 fixe Speichen in diesem Rad gibt, hast du dennoch immer die Wahl, diese Zeitpunkte in deinem eigenen Rhythmus zu leben, sie an deinen Naturraum und deinen persönlichen Kalender anzupassen.

Natur ist kompliziert – so lange wir versuchen, sie mit mathematischen Begriffen zu regeln, mit menschlicher Logik begreifbar machen und als statische Komponente behandeln wollen, um sie in ein starres, technisches Konstrukt zu zwängen. Lässt man diese störrischen, buchstäblich „unnatürlichen“ Parameter weg, ist es eigentlich ganz einfach und emphatisch klar, wann die richtige Stunde für welche Handlung schlägt und wie man sich selbst gut in das natürliche Gefüge einweben kann.

Intuition, Hausverstand und Gefühl für Natur und Umwelt sind die Grundlagen, die sich auf diesem Weg bewährt haben. Und wenn du dir dann noch zugestehst, dass es ein anderes Mal ganz anders sein kann und darf, wenn du dir bewusst situative Planung erlaubst, dann bist du im Einklang mit dem Takt der Natur und ihren Festen.

Das ist Leben im Jahreskreis.

Zeitsprüche und Metaphern: eine Korrektur

Nachdem es in den letzen drei Teilen um die Geschichte der Zeit ging, wird es nun Zeit, ein paar Metaphern und Glaubenssätze zu korrigieren. Falls dir noch weitere einfallen, dann schreib sie in die Kommentare! Ich freu mich über Ergänzungen:

  • Zeit wird nicht gestohlen oder gewonnen und auch nicht geschenkt, sondern gewidmet.
  • „Ich habe keine Zeit“ bedeutet, dass man aus diversen Gründen, die durchaus nachvollziehbar sein können, keine Zeit für etwas oder jemand widmen kann.
  • Zeit wiederholt sich nicht. Auch wenn man gefühlt immer wieder am gleichen Zeitpunkt ankommt, ist es nur Ähnliches, was man vielleicht in anderer Form schon mal erlebt hat – wie ein Muster. Zeitschleifen existieren unseres Wissens nach nicht und Zeitreisen gibt es aktuell nur in Filmen. Ob man mit einer Zeitreise die Vergangenheit die Gegenwart ändern könnte, ist somit eine nette, metaphysische, aber sehr hypothetische Gedankenspielerei.
  • Zeit bleibt nicht stehen, das tun nur Uhren. Zeit geht immer weiter.
  • Man sagt Zeit wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden – das trifft aber nur auf die Zeit-Wahrnehmung zu. Unsere Wahrnehmung ist ein unendlich großer Raum, der es uns ermöglicht, Zeit in unterschiedlicher Form wahrzunehmen. Mal schneller, mal kürzer und manchmal bleibt sie dann gefühlt auch stehen oder dehnt sich in die Unendlichkeit aus.

Quellen


Die Geschichte unserer Zeit

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