Anderswo

Gog, Magog und ein magischer Sonnenuntergang am Tor – mit dem Käsehobel in England

Falls wer nicht weiß, was es mit dem Käsehobel und dieser Challenge auf sich hat (und es gerne wissen will ;): Lies am besten den ersten Beitrag, dann weißt du worum es geht.
Die Kurzform:
Für eine dreiwöchige Reise durch Irland und England habe ich mir als Ziel gesetzt, mit möglichst kleinem Gepäck zu reisen. Für all das, was ich sonst immer an Überflüssigem mit mir mitgeschleppt habe, reist der Käsehobel anstelle mit und sorgt auch unterwegs dafür, dass sich mein Zeug nicht vermehrt, Stichwort Käsehobel-Faktor. In den Käsehobel-Gechichten berichte ich über den Verlauf der Reise und die Orte, die wir besuchen.

Am Samstag, unserem letzten Tag in Glastonbury, waren wir bei den beiden alten Baumriesen Gog und Magog – und das war ein weiterer sehr berührender Moment auf dieser besonderen Reise.

Gog und Magog

Schon der Weg zu den beiden Baumahnen war magisch. Vorbei an anderen, alten und geheimnisvollen Bäumen, die einen Hohlweg säumten, über Schafweiden, mit alten Weißdornhecken, durch die der geheimnisvolle Turm am Tor zu sehen war.

Die beiden ca. 2.000 (oder mehr) Jahre alten Bäume sollen der Beginn einer Baumallee gewesen sein, die auf den Tor-Hügel führte. Die Allee wurde vor über 100 Jahren für Farmland abgeholzt.
Gog, in manchen Infos als Eiche, in anderen als Esche beschrieben, ist vor vielen Jahren gestorben. Aber ihre mächtige Hülle ist noch hier und man spürt, dass auch sie noch „da“ ist.
2017 Jahren brach im Inneren des damals schon abgestorbenen Baumes ein Brand aus. Man vermutet, dass jemand eine Kerze darin abgestellt hat. Ein schmerzhaft trauriges Beispiel, wie fahrlässig (um nicht zu sagen: dumm) manche sind, wenn sie Naturheiligtümern ihre spirituelle Aufwartung machen.
Das Feuer wurde mit Mühe und Not gelöscht, die Baumhülle besteht weiter und hat nach wie vor eine unfassbar starke Präsenz. Der Zugang zu den Bäumen ist nun aber eingeschränkt und mit Stacheldraht versehen.

Magog, nur ein paar Meter neben Gog, ist lebendiger, noch im Hier verankert. Die alte Eiche treibt nach wie vor aus, trägt Blätter und Früchte. Auch diese Baumhoheit ist intensiv präsent und hat eine sehr starke Aura.

Man sollte sich den beiden Giganten respektvoll nähern, sie haben es sich verdient, und sie haben so viel zu geben, zu erzählen, zu bewahren …

Der angrenzende Campingplatz wirkt auf den ersten Blick profan und es tut fast weh, diese krass weltliche Anbiederung zu sehen. Aber vielleicht hat das ja auch einen tieferen Grund, wie ein Mitglied unserer Gruppe meinte: Die Camper schlafen auf den Wurzeln der Riesen, nehmen deren Schwingungen (Einflüsterungen?) im Schlaf auf. Diese Botschaften wandern durch ihre Träume und vermitteln ihnen vielleicht so Dinge, die sie auf bewusste Weise vermutlich nie angenommen hätten.

Ich habe es kaum gewagt mich den beiden Baumhoheiten zu nähern, geschweige denn sie profan zu berühren. Ihre Partnerschaft und Verbundenheit durch die Zeiten, über die Grenzen des Lebendig hinaus, hat mich tief berührt.
Die eine tot und dennoch spürbar, liebevoll und wachsam da. Der andere halb im Leben, bemüht weiter Früchte zu tragen und zugleich schon halb auf der anderen Seite, bei seiner geliebten Partnerin …
Das war ein Bild, bei dem mir die Tränen gekommen sind und wo ich gemerkt habe, dass das etwas tief in mir berührt, erkannt und erinnert hat.

Wie immer war es auch diesmal sehr spannend die Wahrnehmungen der anderen in der Austauschrunde zu hören. Hier zeigte sich einmal mehr, dass man von ein und dem selben Platz teils sehr unterschiedliche, aber dennoch im Kernpunkt übereinstimmende Sichtweise haben kann. Keiner von uns ging unberührt von diesem Ort fort.

Pause am Friedhof

Ich war im Anschluss froh, dass wir etwas Zeit für uns und eine kleine Pause hatte, bevor es zum nächsten Punkt weiter ging.

In Glastonbury habe ich mir eine ruhige Ecke gesucht und sie (wer hätt´s gedacht ;) am sehr lebendigen Friedhof der Baptistenkirche gefunden. Hier kann man Picknick auf oder zwischen den halb versunkenen Grabsteinen machen, eine meditative Pause einlegen und „runterkommen“, also sich von dem, was einem zuviel ist energetisch entladen.

Der Ort hat zwar einen sehr alternativ-legeren, fast vernachlässigten Touch. Aber manchal ist das genau das, was man braucht, wenn man von etwas sehr überwältigt ist.

Sonnenuntergang und Abschluss am Tor

Der Abend war dem Abschluss dieser ersten England-Woche gewidmet und wir sind auf den Tor marschiert, den wir in den Tagen zuvor schon mehrmals von allen Seiten und vielen Weiten umrundet hatten.
Nun endlich also die „Audienz beim großen Hüter“, dem Zentrum der heiligen Insel Avalon, am höchsten Punkt von Glastonbury.

Die Idee, den Sonnenuntergang am Tor zu beobachten, hatten viele. Es gelang uns dennoch zumindest einen großteils freien und halbwegs ruhigen Platz für eine vertiefende Meditation zu finden.

Der Sonnenuntergang selbst war einfach magisch – als würde sich die Anderswelt zeigen und ihre Tore weit öffnen. Die Sonne ist genau als wir dort waren aus den Wolken hervor gekommen und hat das Land mit einem goldenen Glanz überzogen. Einfach unbeschreiblich und wunderschön. Wär´s ein Foto, würde man es kitschig nennen. In Natura aber ist so ein Anblick einfach nur zum Niederknien.

Als Abschluss unserer ersten Woche in Südengland war es einfach phänomenal und stimmig.

Ein typisch englischer Abend mit dem Käsehobel

Bevor es dann zum Kofferpacken ins Zimmer ging, haben wir uns noch ganz typisch englisch im Pub auf ein Bier oder Ale getroffen (und uns gefragt, warum wir dieses englische „Wohnzimmer“, genau gegenüber von unserem Quartier, nicht schon früher aufgesucht haben).

Mein Käsehobel war an diesem Tag fast zufrieden mit mir. Er durfte natürlich überall hin mit und auch am Ale nippen. Was mit Sicherheit der Grund war, warum er am nächsten Tag so grummelig auf mein, aus seiner Sicht nicht so perfektes, Kofferpacken reagierte.

Ich habe alles untergebracht (was mich ehrlich gesagt selbst ein bisschen überrascht ;) und musste nicht mal auf die Quetschfaltenreserve meines, auf seltsame Weise aber doch deutlich schwereren Koffers zurückgreifen.

Weiter gehts!

Am Sonntag vormittag hieß es dann vom Großteil der Gruppe Abschied nehmen. Die meisten fuhren heim, ein paar hatten noch einen Abstecher an die Küste oder London vor.
Wir aber zogen weiter ins mystische Dartmoor, dass sich beim ersten Kontakt so gar nicht dunkel und düster zeigte. Im Gegenteil: es war warm und sonnig und der Blick aus meinem Fenster im entzückenden The Globe Inn in Chagford, direkt auf den Friedhof der alten Moorkirche, war von Licht überflutet.

Das Zimmer war übrigens riesig, ganz entzückend eingerichtet und sehr komfortabel – das beste Quartier auf dieser Reise bisher!

Die Anreise hat mich stark an Irland erinnert. Auch hier sind die Straßen gerade breit genug für ein Auto – aber es sind keine Einbahnen. Man muss intuitiv wissen, wie und wer zurückschiebt, wenn man sich auf der Straße begegnet. Besonders idyllisch (und fahrtechnisch herausfordernd) war die winzig kleine Brücke über den River Teign, die so eng ist, dass man die Außenspiegel einklappen und sehr vorsichtig zwischen den steinernen Mäuerchen durchnavigieren muss.

Im Globe Inn wurden wir herzlichst begrüßt. Die Zimmer haben Baumnamen (ich habe in der sehr empfehlenswerten Weide logiert) und am Abend war eine Dämmerfahrt durchs Moor geplant. Aber das ist eine andere Geschichte, die im nächsten Beitrag stehen wird ;-)

Alle Geschichten/Beiträge von meiner Käsehobel-Challenge findet ihr hier.

Die Reise durchs magische Südengland wurde von Veronika Lamprecht und Harald Koisser geleitet und organisisiert. Infos dazu gibt es auf ihrer Website. Die Reiseberichte sind meine persönliche Erfahrung und nicht gesponsert.

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