Sommersonnenwende – Mittsommer: Rituale allein und in der Gruppe
Der letzte Teil der vierteiligen Serie über das Jahreskreisfest der Sommersonnenwende, das um den 19./20. Juni gefeiert wird. Alle Teile sind hier zu finden: Sommersonnenwende-Litha
Die Wende und den Höchststand der Sonne feiern!
Auch heute noch wird die Sonnenwende im Sommer in vielen Regionen üppig gefeiert. Zwar dauern die Feste nicht mehr wie früher 12 Tage an, was stark an die 12 Rauhnächte erinnert, die man bei uns zur Wintersonnenwende feiert. Doch die Feiern sind ein Sinnbild dieser lustvollen Reifezeit.
Diese Feste sind alt, wurden bereits lange vor den Kelten zelebriert und wurden von den nachfolgenden Kulturen übernommen und für deren Religionen passend geformt. Das hat nicht nur die christliche Religion so gemacht, auch die vorherigen Glaubensgemeinschaften und Völker haben so uf den Ritualen der anderen aufgebaut. Das Leben der Menschen orientiert sich seit jeher am Jahreskreis und ganz besonders am Geschehen der Sonne. Es ist unser erster, ältester und beständigster Kalender. Vier Sonnenfeste und dazwischen acht Mondfeste – acht Fixpunkte im Gemeinschaftsleben, auch in heutiger Zeit.
Das Atemholen und Krafttanken vor der Ernte wurde mit Festen gefeiert, die für das amikale Regeln der gemeinschaftlichen Belange, aber auch für Hochzeiten und zur Stärkung der Gemeinschaft genutzt wurden. Die Sonnwendfeuer waren und sind ein zentraler und wichtiger Teil dieser Feiern.
Die Sommersonnenwende ist eine guter Zeitpunkt um Danke zu sagen und um Segen für die kommende Zeit zu bitten. Gleichzeitig kann man um Unterstützung und Schutz bitten, um gestärkt durch die kommende Zeit zu gehen.
Legt man den Jahreskreis auf die menschliche Entwicklung um, wären nun die Phase der Lebensmitte, zwischen Ende Dreißig und Anfang Vierzig.
Wenn man Kinder hat, ist man jetzt in der intensiven und oft auch anstrengenden Zeit, wo man mit elterlichen Verpflichtungen in jedweder Hinsicht gefordert ist. Meist ist es auch die Zeit, wo man am Höhepunkt seiner Schaffenskraft ist, hochaktiv im Beruf. Oder man erkennt, dass man nun mit etwas ganz Neuem beginnen möchte: Weiterbildung, neue Projekte oder die bewusste Entscheidung für Kinder und Familie.
Eine intensive Zeit, die einem mitunter den Atem rauben kann und zugleich fühlt man sich voller Kraft und Ausdauer. Damit ist es auch ein Zeit, wo man sich immer wieder bewusst entscheiden muss, ob man diesen wilden Fluss des Lebens selbst steuert oder sich davon mitreißen lässt.
Inhaltsübersicht
Nimm Platz auf deinem Thron
Im Mittelalter wusste man es ganz genau und es ist überliefert: Auf eine Nadelspitze passen 1000 Engel.
Dass sich an dieser Frage die Gelehrten der damaligen Zeit so sehr in die Haare gerieten, dass sich daraus sogar (fast) ein Schisma (Kirchenspaltung) entwickelte, soll aber erfunden sein.
Fakt ist: Auf einer Nadelspitze ist nicht viel Platz und es braucht viel Balance, damit man sich da droben halten kann, vor allem wenn man kein Engel ist (was vermutlich auf die meisten von uns zutriff). So ähnlich könnte auch energetische Hochphase rund um die Sonnenwende sein: pitzelig und sehr sensibel und wenn man nicht wirklich gut aufpasst, wird man gepiekst, rutscht ab, der Blitz schlägt ein oder es wird anders ungemütlich. Außerdem tanzen auch noch ein Haufen anderer um diese Stelle herum und sorgen für Unruhe, Wirrnis und Chaos.
Wem das zuviel ist, der kann sich auch auf den inneren Herrschaftsthron setzen, der bedeutend bequemer, stabiler und sicherer ist als eine, von viel zu vielen Engeln umtanzte Nadelspitze.
Dazu muss man sich allerdings zuerst einen entsprechenden Thron errichten. Mag sein, dass die meisten weltlichen HerrscherInnen sich auf die Thronsessel ihrer Vorfahren platziert haben. Als selbstbewusste, aktive und beherrschende Führungsperson des eigenen Lebens gestaltet man sich diesen Thron aus eigenen Stücken und nach den eigenen Vorstellungen.
Das ist durchaus physisch gemeint: Such dir einen Platz in deiner Wohnung, in deinem Haus oder Garten und errichte dort deinen Thron. Das kann ein simpler Sessel, eine Bank, ein bequemer Fauteuil sein, den du dir mit wichtigen und schönen Dingen dekorierst und umgibst. Gut ist hier eine Decke (oder Stola), damit du auch in kühleren Zeiten entspannt und in Ruhe hier thronen kannst. Es soll ein Platz sein, an dem du dich rundum sicher, geborgen fühlst, damit du dich entspannen kannst und zugleich auch einen Überblick über dein Umgebung hast, um zu beobachten und wahrzunehmen.
Wann immer du das Gefühl hast, dass du auf einer instabilen Nadelspitze tanzt, statt die Energien aktiv zu steuern, um mit deinen Kräften gut zu haushalten, setz dich auf deinen Thron und mach dir wieder bewusst, wer die Leitung in deinem Leben hat. Versuche Abstand zu gewinnen, die Sache aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen und dich wieder mit deinem Bauchgefühl zu verbinden. Du sitzt am Herrscherthron deines Seins. Du hast die Macht über dein Leben und triffst hier die Entscheidungen, die du für gut und richtig erachtest.
Alternativ kann man daraus auch ein schönes Ritual für eine Gruppe machen:
Sucht euch einen schönen Platz in der Natur oder eben an einem Ort, wo ihr miteinander feiern könnt. Dort gestaltet ihr gemeinsam, mit Naturmaterialien, einen HerrscherInnen-Sitz. Jede/jeder nimmt anschließend darauf Platz und die anderen trommeln, tanzen, singen oder klatschen zur Bestätigung. Wer am Thron sitzt darf sich auch was wünschen – bewusst und achtsam, für sich oder für die Gemeinschaft. Oder einfach still genießen und das Gefühl verankern, die Oberhoheit über das eigene Dasein zu haben.
Anschließend wird gemeinsam gefeiert, gegessen und zusammengesessen – Königinnen und Könige unter sich.
Einatmen – Innehalten – Ausatmen – Innehalten
Du hast wenig Zeit für ein ausgiebiges Sonnwendritual und willst aber unbedingt eines in deinem Alltag haben? Dann atme bewusst.
Die kleinste Version des Jahreskreises ist der Atemzyklus. Man beginnt mit dem Einatmen. Am Ende der Einatmung ist eine kleine Pause – meist nehmen wir sie nicht wahr, aber in deiner bewussten Ritualatmung achtest du nun darauf. Diese kleine Pause, dieses Innehalten an der Spitze und am Ende der Einatmung, bevor die Luft wieder aus den Lungen strömt, ist die Phase der Sommersonnenwende: der Höhepunkt der Kraft im Außen.
Danach geht die Energie wieder nach unten, ins Innere, bis es am Ende der Ausatmung wieder zu einem kleinen Stillstand kommt – die Wintersonnenwende, das Innehalten und der energetische Stillstand. Von dort aus beginnt alles wieder von vorne.
Beachte und beobachte, atme langsam, aber nicht gezwungen. Du wirst merken, dass du mit jedem Atemkreis ruhiger wirst. Am besten suchst du dir einen Platz, wo du ein paar Minuten (ein paar Atemzüge) allein und in Ruhe bist. Wandere mit deinem Atem durch den Jahreszyklus und spüre in diese Pausen hinein. Welche ist länger, welche kürzer? Ist die Phase der Ein- oder der Ausatmung länger oder sind beide gleichlang? Hast du das Bedürfnis eine dieser Phasen bewusst zu steuern, zu verlangsamen, zu beschleunigen … oder anzuhalten? Du kannst damit spielen, dich von deiner Intuition steuern lassen und so langsam in deine energetische Jahreskreisausrichtung kommen.
Es gibt bei dieser Übung keinen Anfang oder Ende, der Atem geht immer weiter, bis er irgendwann, am Ende des Lebens von sich aus endet. Doch bis dahin ist er immer für dich da und mit seiner Hilfe kannst du dir den natürlichen Kreislauf des Lebens immer wieder, Atemzug für Atemzug, bewusst machen.
In der Gruppe kann man daraus eine Übung mit Tönen machen:
Beim Ausatmen kann jeder (s)einen eigenen, spontanen Ton singen, oder ihr atmet euch durch die Vokale (a-e-i-o-u).
Anfangs werdet ihr vielleicht gleich lange Atemzyklen haben und euch im Verlauf des Ganzen von der Dauer her immer mehr unterscheiden. Manchmal findet man nach einiger Zeit wieder zusammen. Alternativ kann man auch eine bestimmte Anzahl an Atemzügen ausmachen (z.b. 12) und danach hört jede, jeder wieder auf, bis Ruhe eingekehrt ist.
Es ist ein schönes Sinnbild, wie sehr wir uns einerseits voneinander unterscheiden, durch die unterschiedliche Länge der Atemzüge, und andererseits durch den gemeinsamen Atem gleichzeitig miteinander verbunden sind. Denn die Luft, die wir in der Gruppe atmen, ist für jeden die gleiche und zugleich macht jeder mit jedem Atemzug etwas Eigenes, Individuelles daraus.
Naturgang – Ritualwanderung: Die heilsamen 12
Eine ganz besonders schöne Möglichkeit die Sonnenwende zu feiern, oder jedes andere Jahreskreisfest, ist ein Naturgang – eine Ritualwanderung.
Das kannst du in der Stadt, in einem Park, im Wald oder in deinem Garten machen. Schön ist ein Rundweg, der dich wieder zum Ausgangspunkt zurückbringt. Nimm dir einen Korb oder einen Tasche mit und tritt bewusst über die Schwelle, die für dich in den Eingang zu deinem Naturgang darstellt. Am Ende deiner „Reise“ gehst du wieder bewusst über diese Schwelle und verlässt deinen heiligen Raum wieder.
Für den Sonnwend-Naturgang ist die Einladung, dich am Weg mit der dich umgebenden Fülle zu beschäftigen: Finde zumindest 12 Dinge, die es in guter, heilsamer, hilfreicher oder zumindest ausreichender Fülle in deinem Leben gibt und finde für jedes davon ein Symbol am Weg, dass du physisch in deinen Korb, deine Tasche legst.
Das können so selbstverständliche Dinge sein wie die Luft zum Atmen, genug zu Essen, ausreichend Kleidung zum Anziehen sein oder hilfreiche Freunde, mit denen du eine gute Zeit hast, ein gutes Einkommen, ein liebevoller Partner, die Zuneigung deiner Haustiere …
Such dir jeweils ein passendes Symbol, wie eine Blume, einen kleinen Ast, eine schönen Stein … und sammle deine Fülle ein.
Da man in solchen Situationen meist automatisch auch an das Gegenteil denkt, also an das, was gerade nicht so gut im Leben ist (oder schon länger war), woran es mangelt und was man zuviel hat, kannst du für jeden dieser Gedanken, die da hochkommen, einen Stein auf deinem Weg aus dem Weg räumen. Wenn du merkst, dass du dich mehr mit dem Mangel und dem Zuviel beschäftigst, bleib stehen, nimm einen dieser Gedanken bewusst wahr, greif auf dem Weg vor dir nach einem Stein, verbinde den Mangel-Gedanken mit diesem Stein und leg ihn achtsam, vielleicht mit einem Danke oder Segen, zur Seite. Mach dir den Weg (und deine Gedanken) auf diese Weise frei und konzentrier dich verstärkt mit jedem Schritt auf die dich umgebende, dir innewohnende Fülle. Du kannst auch mehr als 12 Symbole finden und alternativ ein Foto von den Dingen machen, wenn du zum Beispiel wo unterwegs bist, wo man nichts einsammeln mag oder kann.
Zuhause kannst dann einen Kreis mit deinen Füllesymbolen legen, ihn nach den aktuellen Prioritäten ordnen, dich mit jedem Symbol nochmal bewusst auseinandersetzen, vielleicht sogar aufgeteilt auf die nächsten 12 Tage.
Hast du Fotos von deinen Symbolen gemacht, kannst du dir auch eine Collage zusammenstellen, die dich für die kommende Zeit an deine Fülle erinnert.
In der Gruppe bietet sich nach diesem Naturgang, den jeder, jede für sich allein und möglichst schweigend macht, ein gemeinsamer Austausch an:
Ihr eure heilsamen 12 einander vorstellen, euch dazu austauschen oder auch Wünsche äußern im Sinne von „Das ist mir gut gelungen – damit es so gut weitergeht, wünsche ich mir …“ oder „Davon habe ich so viel, da gebe ich gerne etwas davon ab, damit es auch einer, einem anderen gut tut„.
Legt eure heilsamen 12 Symbole in einen großen, gemeinsam Kreis – ihr werden erstaunt sein, welche Fülle sich da ergibt und was für eine intensive, stärkende Wirkung das auf euch alle hat.
Sommerfest mit Familie und Freunden
Das älteste und vermutlich am besten bekannte Sonnwendritual ist ein Sommerfest mit Freunden und Familie. Egal ob als Wanderung, mit Picknick, oder in einem Garten, vielleicht mit einem Feuer (unter Aufsicht und mit aller gebotener Vorsicht) oder in einem Gastgarten – ruft euch zusammen, trefft euch miteinander, feiert gemeinsam.
Ideal sind sog. Pot Luck Partys, wo jeder ein Gericht zum Essen mitbringt und man auf diese Weise ein spontanes, überraschendes Buffet der Vielfalt zusammenstellt.
Räuchermischung für die Sommersonnenwende
Die Jahreskreisfeste sind immer ein guter Zeitpunkt fürs Räuchern, sowohl sich selbst, als auch Wohnung, Haus oder Garten.
Für die Sonnwendzeit empfehlen sich zum Beispiel Johanneskraut, Königskerze, Rose, Mariengras, Schafgarbe, Lavendel, Minze, Flieder, Copal, Beifuß und Salbei.
Johanneskraut: Bringt Licht und vertreibt dunkel Gedanken, Sorgen, Depressionen
Königskerze: richtet auf, stärkt das Selbstbewusstsein
Mariengras: Bringt Geborgenheit, Schutz, Trost
Schafgarbe: für innere Weisheit, Leichtigkeit, gegen neg. spirituelle Energien
Lavendel: Kann sowohl beruhigen, als auch (geistig) anregen
Minze: kühlt und erdet, macht wach und schärft den Geist
Copal: entspannt und beruhigt, Schutz, Geborgenheit, Sonne
Beifuß: die Mutter aller Kräuter und das klassische Ritualräucherkraut, seit ewigen Zeiten – reinigt, schützt, hilft beim Kontakt mit der „anderen“ Welt
Salbei: heilt, beruhigt, bringt Klarheit
Stell dir aus diesen Sommerboten deine eigene Räuchermischung zusammen und lass dich hierbei ganz bewusst von deiner Nase leiten. Sie weiß seit alters her am Besten, was dir gefällt ;-)
Du kannst alle, eine Auswahl oder nur eine einzelne davon nehmen – oder etwas ganz anderes. Vetrau deinem HerrscherInnen-Instinkt!
lTeil 1: Sommersonnenwende – Litha: Geschichte & Ursprung
Teil 2: Sommersonnenwende – Litha: Die Jahreskreisenergie
Teil 3: Sommersonnenwende – Litha: Brauchtum & Symbole
Teil 4: Sommersonnenwende – Litha: Rituale allein und in der Gruppe
One Comment
Pingback: