Jahreskreis,  Jahreskreis-Feste

Jahreskreis im Kalenderchaos: Wann ist nun Frühlingsbeginn?

Die Schneeglöckchen blühen in meinem Garten und läuten damit für mich den Frühlingsbeginn ein. Bei mir, hier wo ich wohne. Woanders sind sie schon verblüht und haben anderen Frühjahrsblumen Platz gemacht, da ist der Vorfrühling schon viel weiter.

Maerz 2014 014Aber in meinem Garten tanzen neben den feinen, weißzarten Glöckchen die Haselnussblüten und wedeln fröhlich von den Ästen.

Primeln und Gänseblümchen runden das Gartenbouquet ab – und alles perfekt getimed auf den 1. März, den meteorologischen Frühlingsbeginn.

Ein Datum, dass zu statistischen Zwecken eingeführt wurde. Mit 1. März enden die meteorologischen Wintermonate (Dezember, Jänner, Februar) und bis Mai gastiert laut Wetterwissenschaft der Frühling. Das macht es leichter, Studien und Jahresvergleiche zu führen.

Maerz 2014 013Letztes Jahr hatten wir um diese Zeit noch Schnee und Eis und von den zarten, weißen Glöckchen waren bei uns noch nicht mal die grünen Blattspitzen zu sehen.

Dennoch, trotz Eis und Schnee: 1. März = Frühlingsbeginn, zumindest meteorologisch.

Der nächste Frühlings-Stichtag ist dann der astronomische Frühlingsbeginn, der immer ein wenig schwankt im Datum und auch in der Uhrzeit, aber zwischen dem 20. und 21. März ist es dann soweit. (2015: 20. März 23:45; 2016: 20. März 05:30; 2017: 20. März 11:29; 2018: 20. März 17:15; 2019: 20. März 22:58; 2020: 20. März 04:50)

Maerz 2014 017Das ist zugleich das sog. Frühjahrsäquinoikum, die Frühjahrs-Tag- und Nachtgleiche. Ab dann sind die Tage länger als die Nacht.

Ein halbfixes Datum, das nur wenig schwankt im Lauf der Jahre und von der Sonne so eingehalten wird. Von den Pflanzen nicht. Die haben ihre eigenen Termin- und Erscheinungsvorstellungen.

Im brauchtümlichen Ritual-Jahreskreis wäre das nächste Jahresfest Ostern – Ostara. Das christliche Fest geht mit dem Mond und schwankt stark.  Auf dem Konzil von Nicäa, im Jahre 325, wurde das Datum des Osterfestes auf den ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond festgelegt, wobei der Frühlingsbeginn hier auf den 21. März definiert wurde – ohne das Schneeglöckchentiming zu beachten. Ostern im christlichen Festgewand ist somit frühenstens am 21. März und spätestens am 25. April. Heuer ist es eher spät, nämlich am 20. April.

Maerz 2014 012Nach welchem Datum man nun gehen mag, um sich in seinem eigenen Jahreskreis zu timen, bleibt jedem selbst überlassen.

Die einen takten meteorologisch, die anderen planen ihre Rituale streng nach der Astronomie – ich persönlich lass mich lieber von der Natur kalendrieren und halte mich an den dritten Frühlingsbeginn, den phänologischen. Der richtet sich danach, wann welche Pflanzen erstmals blühen und sichtbar sind.

Laut Wikipedia:

Phänologisch teilt sich der Frühling in Mitteleuropa in drei Phasen:
Vorfrühling: Vom Blühbeginn der Schneeglöckchen und der Haselnuss, bis die Salweidenkätzchen pollengelb sind.
Erstfrühling: Vom Blühbeginn der Forsythie und Laubaustrieb der Stachelbeere bis zum Blühbeginn der Birnbäume.
Vollfrühling: Vom Blühbeginn der Apfelbäume und des Flieders bis zum Blühbeginn der Ebereschen und des Wiesenfuchsschwanzes.

Das ist meine Zeiteinteilung! Denn weit exakter und viel intensiver als der Kalender flüstern mir die Palmkätzchen schon lange vor den Schneeglöckchen, dass es nun gegen Winterende geht.

Seh (und hör) ich den Vögeln im Baum vor meinem Fenster zu, dann spür ich ohne Wissen ums Datum, welche Zeit das Jahr gerade schlägt.

Fahr ich hinunter, in die Ebene, wo es immer ein wenig wärmer ist als bei uns, erlebe ich einen Zeitensprung. Hier ist das Jahr schon weiter, der Frühling schon länger da.

Alles ganz normal und eigentlich kaum der Rede wert.

Und dennoch phänomenal – einerseits, weil man so wirklich und wahrhaftig zeitreisen kann. Nicht wie in den Science Fiction Filmen, sondern ganz real … sogar zu Fuß. Einfach vom Berg hinunter ins Tal wandern oder umgekehrt, also hinauf und so in der Jahreszeit zurück gehen.

Diese feinen aber deutlich sichtbaren Unterschiede in der Vegetation sind besonders beim Übergang der Jahreszeiten zu spüren und sehen – ein besonderes Erlebnis!

Wer sich von der Natur den Takt sagen lässt, geht zwar nicht mit der Uhr und immer ein paar Tage und oft auch Wochen neben dem Kalender. Aber meiner Meinung nach ist es so wesentlich authentischer, persönlicher und auch situativ-lustvoller.

Einfach auf den gedruckten und streng errechneten Datumsdruck pfeifen …

Maerz 2014 026… und die Schneeglöckchen das Frühjahr einläuten zu lassen; die erblühenden Rosen öffnen das Tor zum Sommer; wenn der Flieder blüht ist Muttertag; Pfingsten erst dann, wenn die Pfingstrosen blühen; den Erntedank zeigen die roten Backen der Äpfel an, Allerheiligen-Samhain kommt mit den orangen Kürbissen im Nebelschleier und Weihnachten … ach, findet es doch einfach selbst für euch heraus

Den Jahreskreis ganz im Zeitlauf der Natur zu leben hat etwas herrlich entspanntes und zutief erdendes.

Da steht man mit beiden Beinen besser am Boden, was einem beim Tanz durchs Jahr eine gute Stütze ist.

Manche lassen auch den Mond noch ein gutes Wort mitreden, speziell wenn es ans Rituale feiern geht.

Wenns passt, dann wunderbar – ein Vollmond oder Neumond kann so manchem Abendfest einen ganz besonderen Zauber und Tiefe verleihen.

Aber auch der Sichelmond dazwischen hat so seinen ganz eigenen Charme. Einfach ausprobieren und sich den Kopf frei von kalendarischen Vorschriften machen. Reinspüren, beobachten und sich vom Bauchgefühl den richtigen Zeitpunkt flüstern lassen.

Schaut mal raus und spürt hinein, was das Jahr euch grad für eine Zeit flüstert.

Nun, wie spät … oder früh … ist es bei euch?

 

Anmerkung: Überarbeitet und ergänzt im Frühling 2015

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