Frauenberg: Die zerstückelte Isis hinter Gittern
Der Frauenberg nahe Leibnitz ist einer jener Kraft- und Kultorte, die ich seit Jahren liebe und wo ich im Laufe der letzen 10 Jahre immer wieder hingefahren bin. Manchmal gezielt, manchmal spontan, wenn ich in der Nähe war. Ich habe hier und hier auch schon über diesen schönen, alten Platz, seine Bedeutung und archäologische Funde der letzten Zeit geschrieben.
Heuer war es nach mehrjähriger Abstinenz endlich wieder soweit: Genusstage in der Südsteiermark waren angesagt und da steht der Frauenberg, mit seinem Tempelmuseum, natürlich auf der Liste der Orte, die wir besuchen.
Das letzte Mal war ich 2013 da und da war der Frauenberg ein wundervoller, in sich stimmiger, harmonischer und besonders friedvoller Ort – so, wie ich ihn vor vielen Jahren kennen und lieben gelernt habe. Meine Vorfreude auf den Besuch war also entsprechend hoch.
Doch die Realität war dann sehr anders. Schon der erste Blick auf den Platz, genauer gesagt auf die Apsis des alten Tempels, war ein Schock.
Inhaltsübersicht
Ist das Kunst oder kann das weg?
Da, wo sich vor hunderten Jahren die Rückseite des Tempels erhoben hat, in deren Nische eine Göttinnen-Statue stand, hatte man, aus nicht nachvollziehbaren Gründen, eine moderne Metall-Plastik aufgestellt.
Von der Straße aus sieht man ein Halbrund an speerartigen, rostigen Metallstreben, einem offenen Käfig gleich. Dahinter steht eine zweidimensionale, silberfarbene Silhouette einer Frauengestalt, die sehr frei der, vor ein paar Jahren entdeckten, Statue der Isis Lactans nachempfunden ist. Was vielleicht stimmig und passend wäre, aber in diesem Zusammenhang verstörend wirkt. So richtig schmerzhaft ist aber, dass die dünne Skulptur in breite Streifen geschnitten wurde – eine flache Isis mit Kind, zerstückelt und hinter rostigen Gittern.
Ich stand fassungslos auf der Straße und musste mich zwingen weiter zu gehen. „Ist das Kunst, oder kann das weg?„, fiel mir ein sarkastischer Kalauer ein, der sich in diesem Zusammenhang bitter wahr anspürte.
Dem nicht genug hatte man offenbar das Bedürfnis, das „Erlebnis“ für allfällige Besucher*innen des Frauenbergs noch weiter zu optimieren. So wurde über dem stillen, heiligen Innenbereich des Tempels eine metallene Besucherplattform hingeklotzt. Im Tempelrund innen wurde an der Mauer zur Apsis eine Plakatwand errichtet, auf der altertümlich stilisierte (Comic)Figuren der zerstückelten Metallgöttin Opfer bringen.
Auch der Rest der Anlage wurde sehr verändert: Die Anlage des, dem Mars Latopius zugeordneten, Umgangstempels wurde „zugänglich“ gemacht. Früher war sie von einer geschlossene, niedrige Mauer umgeben war, die man leicht übersteigen konnte.
Nun man hat im vorderen Bereich einen Durchgang heraus gebrochen und mit rostigen, klotzigen Metallwänden verkleidet.
Die Böschung mit den alten Obstbäumen auf der südlichen Seite, wo man auf Leibnitz hinab blickt, wurde komplett gerodet. Laut Auskunft auf Grund einer dortigen Grabung. Damit das ganze nicht so leer aussieht, hat man nun eine Terrasse mit Infotafeln aufgestellt. Da, wo man früher in mitten von Obstbäumen einen wunderbar natürlichen Panoramablick genießen konnte.
Schlussendlich fand dann noch jemand, dass es noch ein wenig mehr braucht und so wurde der Kopf einer alten Statue, dem Merkur zugeordnet, aufgespießt. Fachlich erstklassig gepfählt. Das sah in Natura genauso spooky aus, wie es sich erzählt anfühlt.
Disneyland meets Urgeschichte.
Warum?
Unser Verdacht war, dass sich die Betreiber des Museums geändert hätten, also nun eine andere Institution oder andere Menschen zuständig sind. Der Umbau des Außengeländes fällt laut Website jedenfalls unter den kryptischen Begriff „Maßnahmen zur Attraktivierung des Freigeländes„.
Offenbar hat man nun plötzlich das marktwirtschaftliche Bedürfnis, den Platz gewinnbringender zu vermarkten und ihn daher „attraktiviert“. Was gründlich daneben gegangen ist. Denn die besondere Qualität dieses einzigartigen Kultbereichs kann man nicht mit seltsamen Kunstinstallationen oder fragwürdigen Aussichtsplattformen verbessern.
Der Platz war gut, in sich stimmig und hat energetisch funktioniert.
Das hat sich drastisch geändert. Was hier passiert ist, muss man unter dem hässlichen Begriff „Verschlimmbesserung“ abhacken.
Der Tempelbereich am Frauenberg war nicht nur kulturhistorisch, sondern auch geomantisch, energetisch, spirituell und radiästhetisch ein besonderes Juwel. Über die Jahre hindurch, bei jedem Besuch, konnte ich beobachten, dass die Besucher diese Besonderheit wahrnahmen und sich davon berühren ließen. Man sah es an den Gesichtern, spürte es in der Art und Weise, wie sich die Menschen während des Besuchs veränderten – sich auf diese besondere Qualität einließen.
Diesmal war es ein Kommen, sich Umsehen, das ganze innerlich Abhacken und rasch wieder Gehen. Das Einlassen auf die Berührung durch den Platz fand nicht mehr statt – denn der Platz hat zugemacht.
Die Hüterinnen
Bei jedem Besuch des Frauenberg-Museums hatte ich die sorgsame und umsichtige Betreuung der Museums-Angestellten bewundert. Immer wieder ergaben sich Gespräche und neue Erkenntnisse. Ich habe mich auch im Laufe der Jahre mehrmals durch die Ausstellungen und die Bereiche führen lassen.
Das war kein kommerzielles Runterbeten von Infos, sondern echte, wertschätzende Kommunikation und gefühlvolle, gehaltvolle Information. Es ging nicht ums Abkassieren der Besichtigungsgebühr und das Abfertigen des lästigen Besuchers – wie man es woanders leider nur zu oft erlebt. Sondern immer darum, dass man Interessierte freudig teilhaben ließ an dem Wissen, dass sich im Lauf der Zeit durch Ausgrabungen und Erkenntnisse entwickelt hatte. Aber auch darum, die besondere Schwingung dieses Ortes weiterzugeben und im Einklang damit zu leben. Die Liebe zu diesem Platz war (und ist) deutlich spürbar und das machte die betreuenden Damen für mich zu den Hüterinnen dieses Tempelbezirks.
Das nun ein anderer Wind hier weht, merkt man als Besucher*in nur allzu rasch. Das betrifft leider auch die nach wie vor sehr bemühten und sorgsamen Hüterinnen. Der Platz hat Stress und gibt das naturgemäß an die weiter, die hier arbeiten und versuchen, das beste aus der veränderten Situation zu machen. Zusätzlicher Stress kommt sichtlich auch von denen, die sich nun als neue Manager*innen dieses Ortes sehen. Die Nutzung des Platzes muss nun krampfhaft gewinnbringend und ganzjährig betrieben werden. Dabei wird übersehen, dass Gewinn vielleicht aus betriebswirtschaftlicher Sicht mit Geld zu tun hat. Aber das betrifft nicht den spirituellen Ort. Hier ist Gewinn das, was man früher hier fand: Ruhe, Frieden, Harmonie und ein sehr besonders Arrangement aus Kunst, uralter Kultur und blühender Natur.
Was das betrifft, schreibt der Frauenberg nun leider rote Zahlen.
Vielleicht bleibt kurzfristig umsatztechnisch mehr Gewinn über. Aber ich bezweifle, dass sich das auf Dauer halten lässt. Die Disneysierung hat diesen einzigartigen Ort herabgestuft und auf eine Stufe mit anderen, kommerzialisierten Erlebniswelten gebracht. Und in dieser Liga kann er nicht mithalten, dazu ist das nun so drastisch veränderte Alleinstellungsmerkmal nicht herausragend genug.
Die Hüterinnen bemühen sich nach wie vor, die Geschichte und den Zugang zu diesem Platz zu vermitteln. Heldenhaft, kann man anführen. Denn leicht wird es ihnen sichtlich nicht gemacht.
Energetischer Umbau
Was die ursprüngliche Energie des Ortes betrifft, so befindet sich der Platz im energetischen Umbau. Wir haben uns nach einer anfänglichen Schockphase dann intensiver umgesehen und auch mit der sehr netten, hilfsbereiten und thematisch gut informierten Museums-Angestellten gesprochen.
Geomantisch war es schwierig Kontakt mit dem Ort aufzunehmen. Die Energie des Marstempels ist durch den Durchbruch mit den Metallwänden gebrochen.
Schlimmer aber hat es den Isis-Tempelbereich erwischt: Da ist von der alten Energie, Kraft und Präsenz nichts mehr spürbar. Ob durch die hässliche Plattform oder das mehr als merkwürdige und sehr verstörende Kunstobjekt – keine Ahnung. Vermutlich eine Mischung aus allem. Was sich der oder die Künstler*in wohl dabei gedacht haben? Eine Widmung oder Beschreibung war nirgends sichtbar.
Die rostigen Stangen mit den zerstückelten, asymmetrischen Pentagram-Sternen wirken wie Sender, die den Rest der Energie aus dem Ort saugen und sinnlos in der Gegend verteilen. Der Platz wird hier ausgeblutet.
Die Statue hat keine greifbare Ausstrahlung, weder energetisch noch spirituell. Der heilige, innere Bereich des alten Tempels ist tot und schmerzt regelrecht, wenn man ihn betritt und hineinspürt.
Erst beim Wasserbecken vorne ist noch ein Rest der alten Kraft und Energie zu finden. Als hätte sich ein Teil hier hin geflüchtet. Und wenn man hier sanft hineinspürt, so bekommt man den Eindruck, als hätte sich die energetische Präsenz des Ortes um gut 30-40° gedreht. Weg von der straßenseitigen Isis-Statuen-Problematik, Richtung südseitiger Böschung auf der anderen Seite des Tempels.
Das lässt sich auch radiästhetisch nachmuten
Weiters sehr interessant:
Beim Abfragen der energetischen Qualität mittels Lecher-Antenne ist die Isis-Präsenz kaum noch spürbar. Aber wenn man nach dem prähistorischen Kraftplatz sucht, so ist die Intensität hier nach wie vor stark und sofort da. Das tröstet ein wenig.
Ein weiterer Trost ist der Blick auf die Geschichte dieser Anlage: Der Frauenberg hat schon viel erlebt und viele überlebt. So wird es auch diesmal sein. Die wahre Kraft dieses Ortes liegt so tief verankert im Erdinneren, dass man auch den Berg abtragen könnte und sie wäre noch immer da.
Nur für uns kurzlebige Menschen ist der Zeitraum einfach zu gering, als dass wir die oberflächliche Anpassung des Platzes an die geänderten Bedürfnisse und seine Neuorientierung erleben werden.
Außer: ein gütiger Geist hat ein Einsehen und man versucht, die aktuelle Situation in eine sinnvolle und energetisch stimmige Komposition zu adaptieren. Dabei hilft es sehr, wenn man sich nicht mit künstlich konstruierten Historywelten vergleicht, sondern sich auf das rückbesinnt, was die wahre Größe dieses Platzes ist. Aber dazu muss man sich erstmal darauf einlassen und sie spüren wollen.
Ich bezweifle, dass die neuen Verantwortlichen, die diesen Ort nun unter ihre Obhut genommen haben, dazu bereit und fähig sind.
Es gibt übrigens vor Ort eine Broschüre „Mythos und Kult am Frauenberg“ zu erwerben, die 2014 vom Radiästheten Helmut Kratochwill verfasst wurde und im Eigenverlag erschienen ist. Darin beschreibt der Verfasser auch die damalig vorherrschenden radiästhetischen Strukturen. Leider braucht es da nun ein umfassendes Update, denn durch die baulichen Maßnahmen stimmen die Großteils nicht mehr.
Soll man den Frauenberg noch besuchen?
Ja, weil man auch abschreckende Beispiele kennen lernen muss, damit man diese Fehler woanders vermeidet.
Abgesehen davon hat sich der Platz jede gut gemeinte Unterstützung verdient. Ebenso die Mitarbeiter*innen der Tempelanlage, die von der Veränderung des Konzepts genauso betroffen sind, wie der Platz selbst. Und kulturhistorisch sind die Exponate und Sonderausstellungen nach wie vor interessant und teilweise einzigartig.
Ich denke, dass der Platz durchaus bereit ist zu heilen und zu vergeben. Es braucht aber dafür einiges: Viel Zeit, sinnvolle Zuwendung, hilfsbereite Menschen und in erster Linie liebevolle Besinnung darauf, was dieser Platz wirklich ist und was er für uns tun kann. Damit wir wissen, was wir sinnvoll für ihn tun können.
Gute Nachrichten?
Ja, die hab ich auch. Trotz des diesmal sehr enttäuschenden Frauenberg-Besuchs habe ich einen persönlichen Erfolg dort verbuchen können: in der sehr guten und angenehm überschaubaren Buchausstellung bin ich in einmal mehr fündig geworden.
Macht – Geschichte – Sinn
Was uns mitteleuropäische Mythen, Sagen und Bräuche über unsere Zukunft erzählen
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Von Ursula Seghezzi
Verlag: van Eck Verlag
Das passende Buch zu dieser Situation. Sobald ich es durch habe, gibt es eine ausführliche Rezension. Ich kann es aber schon jetzt sehr empfehlen!
Weiters gibt es eine kleine, feine Sonderausstellung
„Göttliche Mütter“
Die Ammengöttinnen vom Frauenberg und ihre Schwestern. Ein Blick über die Grenzen
Man hat kürzlich bei Ausgrabungen mehrere Göttinenstatuetten gefunden. Alle mit abgeschlagenem Kopf. Ob das absichtlich passiert ist oder im Lauf der Jahrhunderte auf natürlichem Weg, kann man noch nicht sagen. Die Tatsache, dass man zahlreiche Körper und nur einen einzigen Kopf fand, der noch keiner Statue zugeordnet werden konnte, spricht für sich.
Die Sonderausstellung läuft noch bis 31. Oktober 2017.