Jahreskreis-Feste

Efeublütenduft

Spätsommer, die letzte Rose blüht und der Efeu duftet. Ein Geruch, der süß und gleichzeitig auch leicht unangenehm ist. Ich weiß nicht mehr wo, aber ich habe gelesen/gehört, dass der Duft sowohl Bienen als auf Fliegen anzieht. In meinem Fall sind es Hummeln und ein paar einzelne Wespen – die Fliegen dürften den Hornissen als Nahrung gedient haben, es waren heuer weniger als sonst.

Efeuduft als Naturparfum für die letzten heißen Tage. Das passt, denn damit verbunden ist auch eine leichte Melancholie, in die sich Vorfreude mischt. Sehr ambivalent, aber verständlich: ein wunderschöner Sommer, der nun zu Ende geht, sich mit diesem Duft verabschiedet, und ein spannender Herbst, mit neuen Chancen und viel Potential, der mit diesem Duft zur Tür hereinweht.

Efeublüten-Parfum als Synonym für die kommende Tag- und Nachtgleiche, Mabon – das Fest des Erntedanks. Eine Sonnenfest, dass ein Wendepunkt ist – ab nun sind die Nächte länger als die Tage, die dunkle Jahreszeit hat auch messbar begonnen. In der Natur begann der Rückzug bereits Anfang August, die Energie geht von da an nach innen, wie beim langsam beginnenden Ausatmen.

Erntedank, der Wendepunkt und auch die Zeit, um zurück zu schauen, abzuwägen und natürlich um zu danken. Für das, was gut war und für das, was weniger gut war – beides hat zur Entwicklung beigetragen, beides hat seinen Wert und soll geschätzt werden. Damit einher geht das Abwägen. Nicht beginnt nun auch die Zeit des Sternzeichens Waage. Was hat mir gut getan im letzten Jahr, was hat mich genährt und gestützt, was hat mich in meiner Entwicklung weiter gebracht  und was hat das Gegenteil bewirkt? Was nehme ich nun mit in die dunkle Zeit, als Kraft und Hilfe? Was lasse ich mit Dank zurück, gebe es weiter und beende es?

In früheren Zeiten waren die Erntedankfeste auch im realen Leben ein Entscheidungspunkt: welche Tiere konnten über den Winter mitgenommen werden, war genug Nahrung da um die kalte, dunkle Zeit zu überstehen? Damit einher ging eine, für unsere Zeiten vielleicht brutale Bilanz: gab es genug Nahrung für alle oder war es besser, dass manche gingen um woanders zu überwintern?  Verglichen damit sind meine oben stehenden Fragen-Vorschläge harmlos, aber nicht weniger tiefgreifend. So eine Bilanz zu erstellen, sich das Soll und Haben der eigenen Kraft und Energie anzusehen, ist ein wichtiger und Klarheit bringender Akt der Ehrlichkeit sich selbst gegenüber.

Die Tag- und Nachtgleiche ist auch das Symbol dafür, dass sowohl Licht als auch Schatten ihre Existenzberechtigung haben. Ohne Licht wär das Leben zu dunkel und ohne Schatten wäre es genauso wenig erträglich. Erst die Mischung beider Seiten bewirkt für uns das Erkennen von Mustern und Grenzen, macht den Raum, in dem wir uns bewegen, begreifbar.

Efeublütenduft ist dafür ein wunderbares Äquivalent: er zieht sowohl die fleißigen Nutztierchen an (Bienen und Hummeln), als auch die Aasfresser, die im dunklen Bereich für Ordnung sorgen (Wespen und Fliegen). In diesem Duft ist Leben und Tod miteinander verbunden und beides gleich wert und wichtig. Es wird nicht gewertet – und das ist das Geheimnis, wenn man sich aufmacht, die eigene Bilanz für das vergangene Jahr zu erstellen: das Gute und Schöne hat genauso seine Existenzberechtigung und den gleichen Wert, wie das Böse und Hässliche.

Die Wahl, welches davon man als persönlichen Nährwert über den Winter mitnimmt, welches man zu welcher Seite sortiert, ist allerdings uns überlassen. Voll und ganz.

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