Die Malleiten bei Bad Fischau-Brunn
In der Nähe von Wr. Neustadt beginnen mit den Fischauer Vorbergen die Ostalpen. Einen Teil dieser sanften Bergkuppen nennt man die Malleiten, manchmal auch „Marleiten“ oder „Mahleiten“ genannt.
Die höchste Erhebung ist der sog. „Pfaffenkogel„, 553m hoch und damit 300 m über dem Steinfeld. Auf seiner Spitze steht das ehemalige Ausflugslokal „Zum Finkenhaus“ (heute leider nicht mehr in Betrieb).
Der Berg zwischen Bad Fischau und Dreistetten heißt im Volksmund „Kürassier„, benannt nach dem alten Waldgasthof „zum Kürassier“. Dieses liegt im Föhrenwald, im Verbund mit ein paar anderen Häusern. Im Jahr 1859 wurde der Gasthof von Karl Koch, einem ehemaligen Soldaten der „9. Garde Cuirassier Regiment Graf Stadion„, als Kantine für die Arbeiter des nahegelegenen Steinbruchs „In der obern Liss“ gegründet. Nach einiger Zeit wandelte Koch das Lokal zu einem Waldgasthaus um und erfreute seine bald zahlreichen Gäste indem er an den Wochenende und zu den Feiertagen in seiner prunkreichen Garde-Kürassier Uniform (mit Helm und Stiefel) bediente.
Der Gasthof ist leider schon einige Jahre geschlossen, an der Aussenwand sieht man aber noch ein Bild das Kürassiers in voller Montur.
Die Malleiten selbst ist eine sehr geschichtsträchtige Gegend: zahlreiche Funde bestätigen, dass dieses Gebiet bereits seit der Steinzeit besiedelt war. Die ältesten Datierungen reichen ins 5. Jahrtausend vor Christus zurück (Jungsteinzeit). Unterhalb des Paffenkogels liegt auf der einen Seite die Zweierwiese, auf der anderen die Töpferwiese.
Auf der Töpferwiese hat man unzählige Keramikfunde entdeckt, teils in Maulwurfshügeln versteckt. Die hohe Anzahl der Funde lassen darauf schließen, dass es hier eine bronze/eisenzeitliche Töpferindustrie gegeben hat. Das bekannteste Produkt waren die sog. Mondidole, welche in alle Himmelsrichtungen verkauft und gehandelt wurden. Vor einiger Zeit habe ich ein kleines Mondidol in der Südsteiermark, bei Seggau, im Tempelmuseum am Frauenberg „entdeckt“.
Wozu diese Keramiken gedient haben war lange Zeit Spekulation, heute vermutet man, neben der kultischen Bedeutung als Grabbeigabe in allen Größe, dass die Mondidole in Wahrheit sog. „Fleischböcke“ waren – also eine Art keltischer Grill. Ein sehr schönes und großes Exemplar findet sich im Stadtmuseum in Wr. Neustadt.
Die Grabungen und Funde auf der Malleiten zeigen, dass dies eine der größten urgeschichtlichen Siedlungen in Österreich war. Dr. Dorothea Talaa, welche in Wöllersdorf sehr interessante Ausgrabungen getätigt hat (und noch immer tut), vermutet, dass die Siedlung auf der Töpferwiese der Herrschaftssitz war. Die Gräber und die Siedlung in Wöllersdorf war ein dazu gehöriger Teil, ebenso die Siedlung in Bad Fischau-Brunn selbst. Die Fischauer Siedlung, mit der noch heute aktiven Thermalquelle, hatte damals vermutlich eher sakrale Bedeutung – die Wöllersdorfer Siedlung eher im Bereich Handel. Weitere, zum Herrschaftsgebiet gehörende, Siedlungen waren in der Nähe des Salzerbades, am Hausstein und am Gländ, in Grünbach.
Dr. Susanne Klemm hat vor einigen Jahren aud der Malleiten Ausgrabungen in den Hügelgräbern getätigt und sich auf der Malleiten mit Feldforschungen befasst: „Die urgeschichtleche Besiedlung erstreckte sich über die gesamte Hochfläche (im Volksmund werden Teile der Hochfläche „Töpferwiese“ oder „Tüpferboden“ genannt), die Fiedlerwiese, zumindest den Nordteil der Zweierwiese und vermutlich auch bis in den Wald östlich der Zweierwiese. Von einigen Höhlen sind urgeschichtliche Funde bekannt: der Hoffmannshöhle, dem steinernen Stadel, der Zigeunerhöhle, der Feichtenbodenhöhle und dem Zwerglloch.“
Die tatsächliche Ausdehnung der Siedlung kann man heute nicht mehr feststellen – auch nicht mit Hilfe von Bodenradar und anderen modernen Mitteln. Die Unzugänglichkeit des Geländes, die zahlreichen Furchen und Gruben aus den Weltkriegen und anderen kriegerischen Auseinandersetzungen, das dichte Unterholz und die Vegetation erschweren eine Auffindung und Zuordnung. Es wirkt, als wäre der ganze Hang mehrmals umgegraben und anderes arrangiert worden, ehe ein dornröschenartiges Wachstum alles bedeckte.
Unterhalb des Siedlungsgebietes der Zweierwiese und der Fiedlerwiese, im Bereich des Fichten- oder Feichtenbodens, kennt man zahlreiche (geplünderte) Grabhügel aus keltischer Zeit. Da hier nicht nur Wissenschaftler gegraben haben, sondern auch viele private Forscher und nicht zuletzt auch Grabräuber und neuzeitliche Schatzsucher auf der Suche waren, macht eine wissenschaftliche Anamnese dieses alten und sehr geschichtsträchtigen Platzes nahezu unmöglich.
Dennoch wird es immer wieder versucht. Susanne Klemm hat sich auch mit den Gräbern der Malleiten auseinandergesetzt und konnte Grabstellen unterschiedlichster Epochen feststellen. Brandbestattungen in Urnengefäßen, Einzel- und Doppelbestattung in Hügeln, Körperbestattungen in Flachgräbern (zum Beispiel am Rand der Zweierwiese und in Bad Fischau), Mehrfachbestattungen in Hügelgräbern und vieles mehr sind nur einige Beispiele für die Nekropole auf der Malleiten.
Die Grabbeigaben waren in erster Linien Keramiken: Kegelhalsgefäße, Fußschalen, Henkeltöpfe und natürlich auch die oben genannten Mondidole. Der persönliche Schmuck, ebenso die persönlichen Waffen, wurde meist mit den Toten verbrannt.
Und natürlich hatten unsere hier ansäßigen Vorfahren auch ihre Kult- und Kraftplätze, die in Notzeiten immer wieder auch als Unterkunft Schutz boten: Zigeunerhöhle, Hoffmannhöhle, steinerner Stadl, die Zwerglhöhlen, die Fichtenbodenhöhle und zahlreiche andere.
Die Geschichte der Völker auf der Malleiten ist eine sehr wechselvolle. In heutiger Zeit konzentriert man sich sehr viel auf das keltische Erbe. Dadurch wird aber vergessen, dass die Kelten erst gegen 800- 500 vor Christus in unsere Gegend eingewandert sind. Das war urgeschichtlich gesehen bereits die Eisenzeit. Es gab jedoch erwiesenermaßen bereits davor große (illyrische) ungsteinzeitliche Siedlungen im Bereich des südlichen Niederösterreich (im speziellen im Tal der neuen Welt und natürlich im Gebiet der Malleiten). Mit einzug der Kelten erfolgte eine „großflächige“ Erschließung und gründliche Umwandlung der Kulturlandschaft.
Die erste Ortsbezeichung „Viscaia“ (für Bad Fischau) geht auf diese Zeit zurück. Um Christi Geburt kamen dann die Römer in unsere Gegend. Aus dieserZeit stammen unter anderem die auch heute noch so genannte Römerstrasse und der Ausbau des Fischauer Thermalbades.
Mit Beginn des Mittelalters endete diese „halbfriedliche“ Zeit des wirtschaftlichen und kulturellen Wachsens. Die Völkerwanderung brach über das Land herein und brachte hauptsächlich Verwüstungen und Zerstörung: Heruler, Vandalen, Ostgoten, Hunnen, Westgoten, Langobarden und nicht zuletzt die Awaren kamen. Letztere hielten sich besonders lange, wovon ein Gräberfeld bei Brunn an derSchneebergbahn zeugt. Mit den Awaren kamen die Slawen (Slowenen). Die weiteren Kämpfe wurden nun zwischen diesen beiden Volksgruppen und den Germanen ausgetragen. Erst Karl der Große brachte einen kurzen Frieden (beginn des 9. jhrdts.).
In „jüngerer“ Zeit waren es die Türkenkriege, zahlreiche Grenzscharmützel und die beiden Weltkriege, die neben der teils agressiven wirtschaftlichen Nutzung das Land der Voralpen veränderten und umformten.