Allgemein

Verdammter Mist.

Der Frühling ist da, die Blumen kommen raus, die Vögel zwitschern bereits munter und mit jedem Tag wird es grüner.
Herrlich.
Die tägliche Hunderunde zeigt mir den Wachstumsfortschritt und bringt mich immer wieder zum Staunen. In letzter Zeit allerdings weniger über das Wunder Natur, sondern über die Blödheit mancher Zeitgenossen.

Knapp 100m neben der Straße, in einem idyllischen Wegstück, hat jemand illegal seinen Bauschutt entsorgt, an mehreren Stellen. Der Weg zur öffentlichen Müllhalde, wo man das gegen ein paar Euro legal los wird, war dem/derjenigen zu weit, zu teuer, zu mühsam. Keine Ahnung. Stattdessen wurde der Baukack mal eben im Nachbarort, in der Hecke deponiert.

Is‘ ja nur Stein.
Is‘ ja Natur.
Die is‘ ja dafür da.
Wird schon irgendwann Gras darüber wachsen.

Blöder Arsch!„, denke ich wütend und wäre der/diejenige in dem Moment vor mir gestanden, hätte mir meine Contenance verständnisvoll den Boxhandschuh gereicht und ein nicht-liebevolles Sparing vorgeschlagen.

Was denkt man sich dabei?

Also ernsthaft: Was geht da in diesem Hirn vor? Was sind das für Gedankengänge? Wie kommt man auf die Idee, dass man Bauschutt auf einen Anhänger lädt, zu dunkler Stunde (denn tagsüber sieht man ja, welcher Trottel da aktiv ist) auf einen Feldweg fährt und das Zeug in kleinen Häufchen anderen ins Feld kippt, in die Hecke schaufelt oder am Waldrand ausschüttet? Mich würden die Beweggründe dahinter ehrlich interessieren.

Es würde zwar nichts daran ändern, dass das dämlich und hirnverbrannt ist. Aber immerhin wäre mal ein Gedankenansatz da und wer weiß – vielleicht kann man dem/derjenigen die Sachlage und die Blödheit dahinter logisch und nachvollziehbar erklären. Dass diese „Natur“ da draußen, also der Platz zwischen den Haustüren, außerhalb der vier Mauern einer Wohnung, keine große, öffentliche Müllhalde ist. Sondern die Ressource, die uns am Leben erhält. Dass man sich nicht dahin entleert, wo man seine Kraft her bekommt. Dass man die Verantwortung für seinen Dreck nicht an die auslagert, die von allen Seiten zugemüllt und immer mehr beschränkt wird und das Problem notgedrungen weitervererbt, an die nächste Generation Mensch, die nach den Müllscheißern kommt. Dass wir an diesem Dreck alle gemeinsam ersticken. Dass das moderne Brunnenvergiftung ist.

Der weitere Weg durch den Wald wird zu einem Müllsammeltrip

Nach dem Schuttablagerungsfund sind meine Augen sensibilisiert. Mein Hundemädel wartet heute länger als sonst, dass ich ihr endlich die geliebten Föhrenbockerl zum Spielen werfe. Immer wieder bücke ich mich, nicht wegen der Bockerl, sondern um etwas aufzuheben, was der Wind oder ein Depp hier deponiert hat. Ich finde mehr, als ich vermutet hätte, mein kleines Sackerl ist bald voll.

Unzählige Plastikfetzen, vom Wind verweht, undekorativ auf Sträuchern hängend.

Die klassische Limoflasche, fast vergraben.

Erntebindegarn, das seinen Weg an Stellen gefunden hat, wo nie geerntet wird.

Ein leeres Meisenknödel-Netz, weit entfernt vom Ort, wo nie ein Meisenknödel aufgehängt wurde, gleichfalls vom Wind hierher geweht.

Wie die Lagerhaus-Broschüre, die nun im dichten Gestrüpp langsam, sehr sehr langsam verrottet. Bei einer normalen Zeitung dauert es um die 3-5 Jahre. Kommt Glanzstoff oder Karton dazu, dauert es um einiges länger.

Die Plastikfetzen würden 120 Jahre brauchen, um zu zerfallen. Die Plastikflasche an die 5000 Jahre. Da tut dem/derjenigen, der/die sie hier deponiert haben, kein Knochen mehr weh.
Ich zähle hier fest aufs Karma und hoffe, dass es in entsprechender Weise für „Energieausgleich“ sorgt.

Immer wieder finden sich auch die klassischen, weißen Papiertaschentücher, die – laut einem launigen Scherz – anzeigen, wo bei einem Baum hinten oder vorne ist.
Diese weißen Zellstofftücher brauchen zwischen 3 Monaten und 5 Jahren um zu verrotten. Je nachdem, wie nass und warm die Umgebung ist. In dieser Zeit sondern sie langsam alle Chemikalien ab, mit denen sie während ihrer Produktion versehen wurden. Was einiges ist und das wenigste daran ist natürlich. Lässt man sie offen im Wald liegen, dauert der Verrottungsprozess länger. Wer seine Hinterlassenschaften und die weißen Putztücher vergräbt oder mit Laub bedeckt, der sorgt zumindest dafür, dass sie schneller zerfallen.

Wer das Waldklo in Zukunft umweltbewusster nutzen will:
Recyclingtaschentücher verwenden, die haben weniger Chemie.
Oder die benutzten Lappen mitnehmen – z.B. im Hundekotbeutel.
Und das Häufchen immer gut mit Laub oder Erde bedecken, auch abseits vom Weg. Dann kann es wirklich zu Humus werden und man kann mit gutem Gewissen kacken.

Mein trauriges „Highlight“ ist ein Stück Styropor, das ich im Bach beim „Bärlauchdelta“ finde, wo mein Hundegirl so gern vergnügt herumplantscht.

Das Styropor ist bereits dunkel verfärbt, halb im Boden verwachsen und schaut auf dem ersten Blick wie ein Stein mit Froschlaich aus. Aber dafür ist es zu eckig. Es würde hier noch gut und gern 6000 Jahre liegen, bis es zerfallen und verrottet ist.

Falls sich übrigens wer fragt, wie denn „bei uns“, weit weg vom Meer, Mikroplastik ins Gewässer, in die Pflanzen und Tieren kommen kann, die dann auf unseren Tellern landen: Genau so.

Wie lange das Polokalrohr braucht, das ich ein Stück weiter im Gestrüpp unter Steine finde, um vollständig zu zerfallen, weiß ich nicht. Vermutlich ewig und der/diejenige, der es hier mit anderem Schutt vergraben hat, kann es dann gleich mitnehmen, wenn es Zeit ist, sich auf den Weg zum jüngsten Gericht zu machen.

Er/Sie hat hier zumindest weniger schwer zu tragen, als der Depp, der seine glasierten Kanalrohre unattraktiv und mit einem Berg anderen Schutt am Hang neben den Weg arrangiert hat. Der einzige Pluspunkt: diese Form von Schutt verseucht zumindest den Boden nicht.
Eine weggeworfenen Zigarettenkippe hingegen vergiftet bis zu 40l Grundwasser bzw. den Boden rundum. Wird sie von einem Tier oder Kind gefuttert, kann das böse bis letal enden. Zum Verrotten braucht die Kippe 10-15 Jahre.

Am Weg retour, wieder Richtung nach Hause, bücke ich mich immer wieder, sammle Plastikfetzen ein, werfe meinem Hundemädel die Bockerl, finde einen ganzen, vollen Plastik-Gelbsack, den der Wind in den Bach geweht hat, finde Fliesenscherben im Acker und am Feldrain (tun Tierpfoten weh) … und meine Wut verraucht. Statt dessen macht sich Traurigkeit breit.

Ob wir Menschen es jemals lernen werden, dass dieser Planet, unsere Heimat, nicht dazu da ist, uns zu dienen? Oder unsere Fehler auszubügeln und wieder gut zu machen, was wir verbockt haben? Oder sich, wie die müde Mutter eines renitenten Teenagers, um den Dreck zu kümmern, den der Teenie überall deponiert?
Ob wir je erwachsen werden und Verantwortung übernehmen für den Scheiß, den wir hier verbrechen?

Ein Blick zurück
Die Abraumhalden der bronzezeitlichen Schmiedeplätze dienen den Archäologen unserer Zeit heute als Fundstätte. Sie geben Aufschluss über das Leben und die handwerklichen Fähigkeiten der damaligen Menschen – die zu den ersten Umweltverschmutzern gehören. Denn die Stoffe, mit denen man damals gearbeitet hat, waren teils hochgiftig und das kann man bis heute im Boden nachweisen. Die Lebenserwartung der Menschen, die mit diesen Materialien gearbeitet haben, war entsprechend gering.

Der Grad der Naturzerstörung, den diese Menschen vor 3-5.000 Jahren angerichtet haben, war aber nichts im Vergleich zu dem, was wir heute tun.

Bananenschalen brauchen 5 Jahre, ehe sie zu Humus werden – und sie sind zumindest großteils natürlich. Die auch sehr häufig gefundenen Aludosen kommen auf 500 Jahre Abbauzeit, egal ob es sich um Red Bull, Cola oder Bier handelt. Prost. Mögen sich die Schmeißer beim nächsten Schluck verschlucken.

Der Plastik-Kaffeebecher, den ich zum Abschluss meines Spazierganges direkt am Ortseingang, mitten in einem Feld finde, wird seine Verrottung nicht mehr erleben. Er ist, wie der Rest meiner Fundstücke, im Rest- und Plastikmüll gelandet. Ich hätte zehnmal soviel einsammeln können, wenn ich es hätte tragen können. Und ich bin mir leider sicher, dass ich beim nächsten Spaziergang wieder so viel oder mehr finden werde.

Was ich lieber finden würde, wären die Menschen, denen diese Dinge so unbemerkt aus der Hand, der Tasche, dem Dasein fallen. Und ich würde ihnen gerne erzählen, was sie hier anrichten – nett und im besten Fall Verständnis bis Erkenntnis erntend.
Was ich aber nicht erwarte.

Der Ort, in dem ich lebe, und wo ich diesen ersten von mehreren Müllsammel-Hundespaziergang gemacht habe, ist ein wunderschönes kleines Dorf am Fuße der Hohen Wand. Es gibt regelmäßig Flurreinigungsaktionen und an den stark frequentierteren Wegstrecken gibt es Mistkübel, die regelmäßig entleert werden. Wir haben Mülltonnen, Problemstoffsammelstellen, Sperrmüllsammlungen, Bio-Tonnen und die Möglichkeit größere Mengen an Grünschnitt (Gartenabfälle) kostenfrei abzugeben.
Warum dann immer wieder Leute auf die Idee kommen, die Gartenabfälle, wie Laub, Erde und dergleichen, in Plastiksäcke zu packen, auf Karren oder Anhänger zu laden und im Wald „auszusetzten“ – und zwar nach wie vor im und mit dem Plastiksack – ist mir ein Rätsel.

Ich muss nicht alles verstehen und werde diese Dinge nie nachvollziehen können.
Aber ich werde ab nun bei meinen Spaziergängen und Wanderungen ein größeres Mistsackerl mitnehmen und die Augen offen halten. Und vielleicht finden sich noch weitere, die das tun und dafür sorgen, dass es keine 5.000 Jahre braucht, damit unser Wald, unsere Wiesen und die Felder hinter den Häusern wieder müllfrei sind.

Vielleicht schaffen wir es ja doch noch erwachsen zu werden und unserer Mutter Erde würdige Kinder zu sein.

Infolinks rund um Müll & Co:

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