Szenen einer steirischen Zugreise: Wenn die Kraftplätze vorbeiziehen
Ich sitze im Zug, die Berge ziehen vorbei, der Winter lacht zum Fenster herein. Dazu Tee, ein gutes Buch, ein reichlich bequemer Sessel, alle sind still und friedlich. Das ist nicht immer so, aber wenn, dann ist es himmlisch.
Eine Zugfahrt durch die Semmeringkulisse, ins Steirische hinein – das ist, als würde man gemütlich im Wohnzimmer sitzen und die Kraftplätze kommen auf Besuch.
Das Internet ist lahm, die Handyverbindung nur sporadisch.
Niemand stört mich. Nicht mal ich mich selbst.
Geheimnisvolle Tunnel, manche mit kurzen, bogenförmigen Durchbrüchen, sorgen für optische Erholung zwischendurch. Oder vielleicht sind es Szenenwechsel, wie im Theater, wenn die Kulissenschieber draußen tätig sind?
Denn nach jedem Tunnel ist die Landschaft anders, wie ein weiteres Kapitel im Buch.
Fotos gelingen nur mit Glück, manche sind geheimnisvoll verschwommen. Vielleicht weil man diese Kulisse selbst und life erleben soll? Wahrscheinlich eher, weil meine Handykamera zu lahm für solche Herausforderungen ist ;)
Beim Anblick der kleinen Gärten direkt neben der Bahn aber auch bei den exponierten Gehöften oben am Berg komm ich ins Philosophieren: Wie lebt es sich da? Warum ausgerechnet hier?
Der Zug ist heute still und sanft wie selten. Ein Segen.
Oder ein Zauber? Egal, Hauptsache es bleibt so. Sanftes Zeitungsgeraschel hinter mir. Rechts hinten ist wer eingeschlafen und schnarcht nicht. Vorne tun zwei so, als würden sie am Laptop arbeiten. Aber der eine schaut wie ich beim Fenster raus, der andere prokrastiniert am Handy.
In ein paar Wochen, beim nächsten Mal, wird der Schnee vielleicht schon weg sein. Oder Nebel herrschen. Oder es regnet.
Aber eines wird diese Landschaft nie, gleich bei welchem Wetter: Langweilig.
Nach dem Semmering geht das Internet wieder und die Handyverbindung ist stabil. Leise zieht wieder die Geschäftigkeit ein rundum und dann bin ich auch schon da: Leoben, ein routinemäßiger Kurzbesuch.
Leoben – die Liebliche
Der erste Blick von der Murbrücke, die Bäume am Ufer, die sich im Wasser spiegeln – das ist immer wieder ein besonderes Erlebnis. Ich war schon oft hier, habe es aber noch immer nicht bis zum berühmten Schwammerlturm geschafft, weil der Hauptplatz (besser: seine Geschäfte ;) meine Zeit aufbraucht. Aber irgendwann mal wird es passen.
Die Statue der Hlg. Barbara, eine der 14 Nothelferinnen und Schutzpatronin der Bergleute – könnte auch als Monument für die Herrin vom See in Avalon durchgehen, die eben das Schwert Excalibur wieder in ihre Obhut genommen hat und am Hlg. Tor vorbei ins Feenreich geht.
Immer wieder schön auch die drei mächtigen Blutbuchen im Gärnerpark, nun winterlich kahl, aber dennoch imposant und beeindruckend.
Nach ein paar Stündchen geht es dann wieder retour, durch die steirischen Landschaft und das mächtige Semmeringmassiv. Mein Buch wird auch diesmal wenig Freude mit mir haben – die Landschaft lässt mir keine Zeit zum Lesen.