Der neolithische Steinbruch im Maurer Wald
Inhaltsübersicht
Ein Industriedenkmal als Kraftplatz
Im Dezember 2015 hatte ich erstmals Gelegenheit, das älteste Industriedenkmal Österreichs zu besichtigen. Und mit „älteste“ ist wirklich alt gemeint: ca. 7.500 Jahre. Es handelt sich um den Steinbruch im Maurer Wald, der schon in der Jungsteinzeit (Neolithikum) in Verwendung war.
Der Steinbruch liegt nahe der Antonshöhe und war bis in die 30er Jahre des letzten Jahrhunders in Verwendung. Damals führte man dort Sprengungen durch und entdeckte dabei Schächte, die sich als Mardellengruben herausstellten. Das sind in diesem Fall künstlich angelegte Abbauschächte. In den Schächten fand man Abbraum, also Geröll, und darin Spuren auf die ersten Arbeiter dieses Steinbruchs, die während der Lengyel-Kultur (auch Bemaltkeramik-Kultur, 4.750 – 3.900 v. Chr.) gelebt haben.
Mit Werkzeug aus Hirschgeweih und mit Hilfe anderer Steine wurden hier auf sehr mühsamen Weg Hornstein und Silex abgebaut. Das war damals ein sehr wertvoller und entsprechend begehrter Rohstoff, der bei uns auch als Feuerstein bekannt ist. Man verwendete ihn beispielsweise für Pfeilspitzen und als Messer. Der Stein ist sehr hart und splittert in scharfen Kanten, die ideal für Schnittwerkzeuge sind.
Man kann sich das heute kaum noch vorstellen, doch zur damaligen Zeit war der Abbau ein brutal harter Arbeitsprozess. Hirschgeweih gegen Feuerstein – dafür brauchte es Technik und Ausdauer.
Die Menschen, die damals hier lebten und arbeiteten kamen ursprünglich aus dem Balaton – so die archäologischen Vermutungen. Man konnte auch nachweisen, dass der Feuerstein, der bei Mauer abgebaut wurde, im Lauf der Zeit an Bedeutung gewann und die Importe aus der ursprünglichen Heimat zugunsten des hier abgebauten Materials zurückgingen. Das bedeutet, dass sich die Gemeinschaften hier gut angepasst haben, von den Ressourcen vor Ort gut leben konnten und auch mit weit entfernten Regionen Handel trieben.
Als man den Steinbruch nach dem Fund der Abbaugruben näher untersuchte, entdeckte man auch sieben Gräber: zwei Männer, drei Frauen und zwei Kinder wurden hier beerdigt. Die Vermutung liegt nahe, dass das nicht die einzigen Gräber im Steinbruch sind.
Spannende Geologie
Die Geologie im Untergrund sieht (und spürt) man hier besonders gut. Der Steinbruch ragt im örtlich vorhandenen Sandstein als Klippe heraus. Eine Klippe, die großteils aus radiolithältigem Untergrundstein besteht. Unmittelbar neben der Sandsteinzone (Flysch) findet sich Kalkstein, als Ausläufer der 500km langen Kalkalpen. Die Grenze zwischen den Bodenarten kann man gut am unterschiedlichen Baumbestand sehen: Die Föhren stehen am Kalkstein, die Buchen haben den Sandstein als Untergrund. Im Bild links sieht man das sehr deutlich, der Weg geht exakt auf der Bruchkante, der die beiden Steinarten voneinander abgrenzt.
Alter Steinbruch – junger Kraftplatz
Heute ist der Steinbruch eine auf den ersten Blick eher unspektakuläre Lichtung im Wald. Doch bei genauerer Betrachtung findet man hier sehr spannende Bäume, die beschriebene faszinierende Geologie und einen tief gehenden, sehr gehaltvollen Kraftplatz.
Steinbrüche sind immer intensive, oft sehr belastete Kraftplätze. Der brutale Einschnitt in die gewachsene Erdkruste bringt neben dem Abbaumaterial per Zufall energetische Hotspots hervor. Meist kommen dann noch emotionale Belastungen hinzu: der Platz „saugt“ die Energien der Ereignisse auf und in Steinbrüchen ist es selten gemütlich zugegangen. Die harte Arbeit forderte damals wie heute ihre Opfer. Oft wurden auch Gefangene für die schweren und gefährlichen Tätigkeiten heran gezogen. Schmerz, Trauer, Leiden … all das „sickert“ in die energetische Struktur des Platzes ein. In Kombination mit der geologischen Seite des Ortes, erhält der Platz so seine ganz eigene Charakteristik – den Genius Loci, wie man den Geist des Ortes auch nennt.
Den spürt man auch im Steinbruch im Maurer Wald. Auch wenn die Geschichte des Platzes vielleicht wenig einladend klingt: der Ort ist auf jeden Fall einen Besuch wert! Denn unter der Hektik, die von der nahen Stadt herüber schwingt, und unter der Melancholie, die man bei jedem Schritt spürt, liegt eine sanfte, sehr gehaltvolle Ruhe und eine tiefe Kraft.
Ein mystischer, geheimnisvoller Platz, dieser uralte Steinbruch, der auf seinen Frieden wartet – das war mein erster Eindruck im Dezember. Ein Platz, der aber auch sehr dankbar ist, wenn man sich ihm widmet, mit Andacht und Respekt. Mag sein, dass der nebelige Wintertag da einiges zu diesem ersten Eindruck beigetragen hat. Doch ich denke, dass man auch an einem hellen Sommertag hier wenig Fröhlichkeit, dafür aber viel Tiefe wahrnimmt.
Ich hatte auch den Eindruck, dass der Platz auf etwas oder jemanden wartet. Vielleicht braucht es hier nur ein paar sanfte, versöhnende Rituale, damit die, die hier einst geschuftet haben, Jahrtausende später zu einer Wertschätzung und Anerkennung ihres Daseins kommen und der Ort aus der wartenden in eine wirklich friedvolle Ruhe wechseln kann und so zu einer neuen Bestimmung erwacht.
Besondere Bäume und Fundstücke im Maurer Wald
Rund um den Steinbruch findet man sehr spezielle Bäume, die im Dezembernebel noch um einiges interessanter ausgesehen haben – als würden urzeitliche Fabelwesen hier auf den Kuss aus dem Dornröschenschlaf warten.
Der Steinbruch im Maurer Wald ist übrigens ein Wiener Naturdenkmal – das 441. um genau zu sein- und liegt nah genug bei Wien, damit man ihn gut erreichen kann.
Weitere Sehenswürdigkeiten in der Nähe sind zum Beispiel die Wotrubakirche.
Bildbäume im Maurer Wald
Beim Spaziergang haben wir auch zwei schöne Bildbäume besucht. Der eine ist ein sehr imposantes Prachtstück, der auch heute noch als Wallfahrtsort dient, wie man an den zahlreichen und sehr vielfältigen Opfergaben sehen kann.
Beim zweiten Bildbaum finden sich kaum Opfergaben, aber rein optisch ist er ein mindestens genauso beeindruckend. Er steht auf einem radiästhetisch sehr intensiven Platz, direkt auf zwei Bruchkanten.
Fundstücke am Weg
Der Nebel verändert ja oft die Wahrnehmung und lenkt den Blick auf Kleinigkeiten. Ich mag das, denn so bekommen auch die Dinge Aufmerksamkeit, die man an sonnigen Tagen leicht übersieht. Hier ein paar Fundstücke, die mir im Nebel so begegnet sind.
Der arme Schlucker
Wir sind übrigens an der Mauer des Lainzer Tiergartens entlang in den Maurer Wald zum Steinbruch marschiert. Ein historisch interessantes Bauwerk, denn es ist die Basis für den Spruch „ein armer Schlucker„, mit dem man jemanden bezeichnet, der kein Geld (mehr) hat.
Die Mauer wurde zu Zeiten von Josef II. von Philipp Schlucker errichtet, einem Baumeister aus Alland. Er gewann mit einem extrem günstigen Angebot die Ausschreibung für das Bauwerk und stellte die 22 Kilometer lange Mauer in nur fünf Jahren fertig. Allerdings hatte er ein paar Eingänge „eingespart“, was zu einer hohen, kaiserlichen Strafe führte, die ihn schlussendlich in den Ruin trieb.
In Folge entstand dann daraus die Metapher vom „armen Schlucker“.
Anfahrtsplan & weitere Infos
Weitere Infos über den Steinbruch im Maurer Wald gibt es auf Wikipedia: Mauer – Antonshöhe
Eine sehr informative und ausführliche Info über die Kultur der Menschen, die damals hier lebten, findet man auf neolithikum.at, speziell hier: Frühes Neolithikum in Österreich – Referat von Jakob Maurer (2006)
Hier gehts zum Lageplan.