Besondere Steine & Plätze,  Kraftplätze,  Kult & Kraftplätze im südlichen Niederösterreich

Karnitschstüberl – Mysterium mit der schönsten Fernsicht

Über dem Tal der Neuen Welt erhebt sich die Hohe Wand und schon von weitem sieht man, ziemlich mittig und direkt in der Felswand gelegen, das Karnitschstüberl, dass sich als trapezförmige Nische über Stollhof befindet. Hinauf kommt man über den Hanslsteig – ein schöner Wanderweg, der von Stollhof hinauf, über das Karnitschstüberl auf das Wandplateu führt.

Unmittelbar vor der großen Felsnische erfordert der Steig Trittsicherheit, man muss ein wenig über den Fels hinaufklettern. Eisenstege, Drahtseile und in weiterer Folge Leitern sind aber in guter „Griff- und Schrittweite“ vorhanden. Für Unsichere und Kinder empfiehlt sich (schon allein aus mentalen Gründen) eine Steigsicherung.

Zuerst gehts durch den teilweise recht dichten Mischwald, der sich alle paar Meter verändert und einem die Artenvielfalt der Gegend schön präsentiert. Im letzten Teil, vorm Stüberl wirds ein wenig steiler, aber wer nicht unbedingt in Rekordzeit auf die Wand hinauf will, der gehts halt ein wenig langsamer an und genießt zwischendurch eine Rast im Wald oder auf einen der Felsblöcke, die sich hier waldviertelartig elegant präsentieren.

Und auf einmal öffnet sich der Wald und man steht unmittelbar unter der gewalten „Stüberl“ – eine überkragende Felswand, die ein kleines Plateu schützend überdeckt. Der Boden ist teilweise glatt poliert von den Menschen, die im Laufe der letzten paar tausend Jahre schon hier waren. Denn das Stüberl ist kein zufällig entstandenes Gebilde, zumindest nicht komplett. Mag sein, dass hier eine Plattform war, doch ganz eindeutig haben hier in unzähligen Jahren Menschen eine Kultstätte errichtet und ihren Bedürfnissen entsprechend adaptiert. Denn in der Plattform, zentriert an der Rückseite angeordnet, ist ein großer ovaler und mehrere Meter tiefer Schacht, der von Menschen in den Fels gehauen wurde.

Während des zweiten Weltkrieges wurde das Karnitschstüberl von russischen Bombern angegriffen, die hier eine feindliche Stellung vermuteten. Das herabstürzende Geröll hat den Schacht zur Hälfte zugeschüttet. Doch die aktuelle Tiefe und die glatten Wände reichen nach wie vor aus, dass man es zwar alleine hineinschafft, aber nur mit viel Körperakrobatik oder durch Hilfe anderer wieder hinauf.

Der Schacht ist ein ungelöstes Archäologie-Mysterium – keiner weiß, warum und wieso sich die urzeitlichen Menschen diese schwere Arbeit angetan haben. Und alt ist der, das steht fest. Die Vermutungen reichen vom Opferschacht über eine Schatzgrube zum Wasserbehälter bis hin zur Meditationsgrube – als Initiationsort für diejenigen, die sich mit dem Berg (Mutter Erde) verbinden wollen, ihre Einweihung suchen oder sich auf Visionsweg befinden.

Energetisch ist der Schacht stark abladend und geht (zieht) in die Tiefe. Ein geomantischer Hinweis, der für die Meditations-Theorie spricht.

Gämsen nutzen das Karnitschstüberl auch sehr intensiv – als WC, wovon die Losung an der Rückwand sehr deutlich spricht und die Nase bestätigts: es riecht intensiv nach Ziegenstall mit guter Lüftung ;-)

Tiere wissen über Geomantien und radiästhetische Besonderheiten sehr gut und intuitive Bescheid, sie verrichten ihre Notdurft in freier Wildbahn großteils an abladenden Orten. Dennoch ist das Karnitschstüberl ein sehr einladender Platz. Der Tisch und die Bank, die man beide fest im Fels verankert hat, schweben über dem Tal der Neuen Welt und laden dazu ein, die wunderschöne Fernsicht zu genießen.

Wer länger bleibt und in Gesellschaft ist, der wird merken, dass die Gespräche an Tiefe gewinnen – man kann hier gut mitsammen philosophieren, Themen auf den Grund gehen und sich vom örtlich abgehobenen Platz (man schwebt förmlich über dem Land und ist dennoch gut verankert) zu innerer Einkehr inspirieren lassen.

Wann genau Menschen hier erstmals den Ort rituell und generell nutzten ist nicht bekannt. Er soll aber (schon mit Schacht) als Teil der karanthanischen Verteidigungslinie als Verbindungsglied zwischen den Burgen der Gegend gedient haben.

So sandte man Lichtsignale (Feuer) von der Burg Starhemberg zum Burgstall, am Größenberg (oberhalb von Muthmannsdorf), wenn sich Feinde näherten oder generell Gefahr im Verzug war. Vom Burgstall ging die Warnung zum Karnitschstüberl und von dort vermutlich zur Burg Emmerberg und zur Burg Dachenstein, die bei Dörfles war. Die beiden Burgen gaben die Botschaft von ihrer Seite aus weiter – eine für damalige Zeiten sehr schnelle und effektive Methode andere zu warnen und um Hilfe zu rufen.

Doch die Gegend bei der Hohen Wand ist bereits seit der Steinzeit besiedelt, wie zahlreiche Funde bestätigen. Auch fand man hier, bei Stollhof, Österreichs bedeutendes Goldfund:zwei Goldschieben mit Verzierungen und drei Buckeln, die eine ca. 14cm die andern knapp 20cm im Durchmesser.

Neben den Scheiben wurden noch mehrere Doppelspiralen, Flachbeile, Spiralröhrchen, Armspiralen und Zierbleche gefunden. Dieser sog. Depotfund wurde 1864 von einem Hirten direkt an der Hohen Wand in einem Geröll entdeckt. Leider ist nur ein Teil davon ins naturhistorische Museum gewandert. Einige Kupferstücke wurden von einer Fabrik im Piestingtal eingeschmolzen. Andere Teile des Fundes sind auf andere Art und Weise verloren gegangen.

Die Scheiben selbst sind eine ähnliche Sensation wie der mysteriöse Schacht. Nach Vergleichen mit anderen, ähnlichen Scheibenfunden konnte man das Datum der Erzeugung auf 2300-1300 vor Christus annähern und auch die Herkunft bestimmen: das Gold stammt aus einer Werkstatt am Balkan.

Welchen Sinn und Zweck die Scheiben haben liegt aber ebenso im Dunkeln wie die ursprüngliche Nutzung des Karnitschstüberls und die Beweggründe der Erschaffer.

Schön und sehr vielfältig ist die Wanderung aber auf jeden Fall und der Ort ein ganz besonderer Kult- und Kraftplatz, egal welchem Zweck er ursprünglich gedient hat.

Empfehlenswert ist eine Rundwanderung: beim Dreistetter Sportplatz beginnend, an der Hohen Wand unten entlang bis Stollhof und dort den Einstieg in den Hanslsteig nehmen. Nach dem Karnitschstüberl gehts über den „Hanslkamin“ hinauf – das ist der spannende Teil mit den Leitern. Ein schmaler Felsspalt, gerade ein bisschen breiter als die Leiter, durch den man auf das Plateu hinaufklettert. Oben dann über den Waldlehrpfad zum Herrgottschnitzerhaus und dann entweder den Eselweg oder den Drobilsteig wieder zurück nach Dreistetten.

Einkehrmöglichkeiten gibt es direkt bei den Hütten auf der Hohen Wand (Kohlröserlhaus, Herrgottschnitzer-Hütte) oder im Anschluss an die Wanderung bei den Wirten der Umgebung (Gasthof Schuster, Zitherwirt, Scherrerwirt – alle in Dreistetten, Gasthof Friedrich in Muthmannsdorf)

Lässt sich gemütlich in einem halben Tag gehen und ist auch für Familien mit kletterbegeisterten Kindern geeignet (Steigsicherung als Nervenstütze für die Eltern empfehlenswert!).

 

 

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